»Je größer die Selbstliebe, desto schmerzlicher die Abweisung«

Wer lieben will, muss in Kauf nehmen, verletzt zu werden. Ein Gespräch mit dem Philosophen Wilhelm Schmid über Zurückweisung – und die Frage, wie man mit ihr umzugehen lernt.

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SZ-Magazin: Ich will mit Ihnen heute über das Gefühl der Zurückweisung sprechen, das nun mal zur Liebe gehört.
Wilhelm Schmid: Das stimmt, alle meine Bücher über die Liebe haben auch die Zurückweisung im Blick. Es ist die Standarderfahrung aller Liebenden, dass es nicht nur Zuwendung, sondern auch Abwendung gibt.

Woran liegt das?
Das liegt daran, dass das Leben allgemein und die Liebe im Besonderen nicht in der Lage sind, allein die positive Seite zu bieten, sondern die negative Seite immer mitkommt. Soll heißen: Es gibt nie nur Freude, es gibt immer auch Ärger. Ich kenne kein Leben und keine Beziehung, die ohne auskommt. Warum? Weil das Leben keine Langeweile, sondern Spannung haben möchte. Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn es wirklich immer nur Freude gäbe. Freude am Morgen, Freude am Abend, am nächsten Morgen. Wie lange wollen wir das aushalten? Deswegen kommt es ganz automatisch dazu, dass einer von beiden in einer Beziehung, ohne es eigentlich zu wollen, wieder für ein bisschen Ärger sorgt, und der andere macht ihm das dann zum Vorwurf.