SZ-Magazin: Frau Hegemann, wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen?
Helene Hegemann: Mit elf habe ich Beiträge in Online-Foren veröffentlicht. Es ging abwechselnd um Big Brother und 9/11, um Suizidgedanken und Turnschuhe. Das hat wahrscheinlich meinen Stil geprägt. Ich schwenke ja gerne mal vom Atomkrieg zu einem eingerissenen Fingernagel. Analoges Tagebuch schrieb ich auch, aber nur, weil meine Lieblingsfilmfiguren das machten. Die größte Konkurrenz zum Schreiben wäre Sport gewesen. Ist es immer noch. Früher Tanzen, heute Mixed Martial Arts.
Waren Sie eine Leserin?
Ich habe früh aufgehört, regelmäßig zur Schule zu gehen, und der Leerlauf des Schwänzens musste irgendwie gestaltet werden. Ich verließ jeden Morgen um Viertel nach sechs das Haus und fuhr dreieinhalb Stunden lang mit dem Bus 200 von einem Ende Berlins zum anderen. Um zehn öffnete die Buchhandlung Dussmann an der Friedrichstraße. Super Ort für mich: Vier Stockwerke mit Büchern, es gab bequeme, sichtgeschützte Sessel hinter riesigen Topfpflanzen, man konnte stundenlang lesen, ohne aufzufallen. Das klingt fast romantisch. Schulverweigerung ist aber nicht romantisch, im Gegenteil, man ist extrem einsam.