Palm Springs
Die Zukunft sah nie wieder so elegant aus wie in Palm Springs in den Fünfziger- und Sechzigerjahren. »Martini Modernism« hat man diesen Stil genannt: flache, lichtdurchflutete Häuser aus Stahl und Glas, aufwendig gestaltete Werbeschilder am Straßenrand und, im Zentrum aller Grundstücke, der türkisfarbene Swimmingpool, in den Privatvillen, Tennis-Clubs und Hotels, ein jeder dem Wüstenklima abgetrotzt, ein Triumph über Hitze und Trockenheit. Mehr als 30 000 Pools zählt man heute im Coachella Valley, wo Wasser das größte aller Statussymbole ist. Kurz nach dem Ende des Krieges kamen die Hollywood-Stars aus dem zwei Stunden nordwestlich
gelegenen Los Angeles, fürs Wochenende oder über die Wintermonate, ließen sich Häuser von Architekten wie Richard Neutra oder Lloyd Wright jr. bauen. Eines davon, die Villa von Frank Sinatra, können sich Superreiche als Ferienhaus mieten, die Inneneinrichtung durchgängig auf dem Stand von 1956. Wenn man abends hinüber in »Spencer’s Restaurant« geht, auf drei, vier Martinis und ein New York Strip Steak, ist man jenen Jahren, die seit Kurzem wieder als Maß aller Dinge gelten, so nah wie möglich. Doch die berühmten Fernsehserien, die unter Werbeleuten oder Stewardessen spielen, sind nichts als Fassade, sorgfältig rekonstruierte Studiowelten. In Palm Springs dagegen ist der Stil der frühen Sechzigerjahre immer noch live zu erleben. Als hätte die Wüstenluft verhindert, dass die Dinge jemals Patina anlegen. ANDREAS BERNARD
Übernachten: Sinatra House, 2600 Dollar/Nacht, Minimum 3 Nächte. Essen: »Spencer’s Restaurant«, 701 W Baristo Rd, Palm Springs, CA 92262
Rimini
Rimini
Natürlich stimmt das Klischee vom Teutonengrill, wie man die Adriastrände in den Sechzigerjahren nannte. Dass Rimini zugleich ein mondäner Ort war, wird oft vergessen: Federico Fellinis Heimatstadt, Filmkulisse seines Films Amarcord, Sommerfrische für viele italienische Schauspieler und Sänger. Fellini mied den Strand. Er saß am liebsten im Garten des »Grand Hotel Rimini«. Die Suite von Fellini kann man mieten, Zimmer 315 kostet 600 Euro pro Nacht. Auf dem Teutonengrill brutzeln heute viele Russen. Blickgeschützte »Liebesliegen« haben an vielen Stellen den ordinären Liegestuhl ersetzt. Aber man isst immer noch Piadine, belegte Fladenbrote, und trinkt Sangiovese. Luca Toni, dem Fußballspieler, gehört ein Strandbad nördlich der Stadt. Umberto Eco, der Schriftsteller, holt sich die Zeitungen am Bahnhofskiosk. Er hat ein Haus in den Bergen, auch er meidet den Strand. So viel hat sich gar nicht verändert. LARS REICHARDT
Übernachten: »Grand Hotel Rimini«, Parco Federico Fellini, 47921 Rimini, DZ ab 235 Euro, Tel. 0039/05 41/5 60 00
Rimini
Saint-Tropez
Der Morgenkaffee im »Le Sénéquier« war sauteuer und lauwarm. Aber klar, an der Hafenmole von Saint-Tropez, wo die Liegegebühren für eine Yacht astronomisch sind, was hatte man denn erwartet? Trotzdem hofft man: Es muss andere Orte geben, geheime Orte, vielleicht in einer dieser vielen süßen, kleinen, verwinkelten, vor sich hin dösenden Gassen. Doch es gibt keine Bar, kein Restaurant, keinen Geheimtipp in Saint-Tropez. Das muss man hinnehmen, um sehen zu können: Saint-Tropez ist einer der schönsten Orte der Welt, wirklich. Der winzige Hafen, das tiefblaue Meer, weiße Boote, der Dorfplatz im Schatten der Platanen, drum herum ocker- und orangefarbene Häuser, die in der Sommersonne leuchten. Erinnerungen werden wach: Im »Café des Arts« heirateten 1971 Mick und Bianca Jagger. Und am Strand von Pampelonne, dem längsten Sandstrand der Côte d’Azur, liegt, umzingelt von zügellosen Beachclubs, der »Club 55«. Gekalkte Holztische unter gespannten Segeln oder Pinien. Es heißt, Roger Vadim habe im Jahr 1955, während der Dreharbeiten zum Film Und immer lockt das Weib, Madame de Colmont vor einer Bude am Strand Würstchen für ihre Familie grillen sehen und gefragt, ob sie das auch für ein Filmteam täte. Die Familie Colmont sah darin eine Geschäftsidee. Und bewirtete Herbert von Karajan, Charles Aznavour, Juliette Gréco, Romy Schneider, Claude Sautet, Gunter Sachs, Alain Delon und wie sie alle heißen, die aus den Sechzigerjahren das machten, was sie waren. Man kann sagen, die Idee ist aufgegangen. GABRIELA HERPELL
Feiern: »Club 55«, 43, Boulevard du Général Patch, 83350 Ramatuelle, Frankreich, Tel. 0033/4/94 55 55 55. Der heutige Chef des »Club 55«, Patrice de Colmont, erbte die Strandbar von seinen Eltern, die das Stück des damals gottverlassenen Strands von einer kleinen Erbschaft gekauft hatten.
Rimini
Früher, wie auch heute kann man im Schwarzwald prima wandern. Wenn man sich überwindet und zugibt, dass das gar nicht so uncool ist, wie man immer dachte.
Schwarzwald
Der Schwarzwald ist wie ein vergessener Pulli ganz hinten im Schrank: Er wurde geliebt, aber richtig glücklich hat er einen irgendwann nicht mehr gemacht. Auf einmal zieht man aus Versehen an seinem Ärmel und bemerkt, dass er gar nicht schlecht ist. Lange war uns der Schwarzwald zu viel des Guten: der Wald zu dunkel, der Tag zu lang, die Kirschtorte zu fett. Man wollte nicht dort sein, wo Oma und Opa früher mit dem Auto wandern waren und Postkarten schickten von Mädchen mit übergroßen Bollenhüten. Bis einen plötzlich die Neugier ergreift. Also steht man in einem Wald, der noch Wald ist mit seinen Fichten und Weißtannen und Latschenkiefern im Hexenlochtal, Höllental oder in der Wutachschlucht, guckt auf Wiesen voller Butterblumen, auf badische Rebhänge und Deutschlands höchste Wasserfälle bei Triberg, streichelt über Moos und Farn und wird fürchterlich rührselig. Jetzt reicht es auch mal wieder, denkt man mit einer Flasche Tannenzäpfle in der Hand (sogar die nervige schwäbische Verkleinerungssilbe »le« hat man plötzlich gern!), und ist ein bisschen wütend auf all den Kitsch, der einen doch so glücklich macht. JULIA ROTHHAAS
Übernachten: Hotel »Die Halde« in Schauinsland, 79254 Oberried-Hofsgrund, DZ ab 248 Euro inkl. Frühstück, Mittagsbuffet, Vier-Gänge-Menü abends und Besuch des Badehauses, Tel. 07602/9 44 70