Vor neun Jahren ist der »Mietenwahnsinn« zum ersten Mal in Deutschland aufgetaucht, damals haben Aktivisten in Hamburg eine Initiative gegründet: »Mietenwahnsinn stoppen!«. Danach war der Begriff immer öfter zu lesen, erst auf Demo-Transparenten, dann auf Buchdeckeln und immer häufiger auch in Zeitungsartikeln, mal in Anführungszeichen, mal ohne. Heute ist er etabliert und allgegenwärtig, und in diesem Punkt sind sich Aktivisten, die Wohnen als Menschenrecht bezeichnen, und Michael Zahn, der damit sein Geld verdient, ausnahmsweise einig: »Mietenwahnsinn« ist eine erfolgreiche Formulierung. Für die einen beschreibt er real existierendes Unrecht – für den anderen ist er »ein politischer Kampfbegriff, der eine unglaubliche Karriere gemacht hat«.
Sozialwissenschaftler würden von klassischem Framing sprechen: Ein komplexes Thema wird in einem Schlagwort kondensiert, das nicht nur beschreibt, sondern wertet. Wie »Flüchtlingswelle« oder »Gute-Kita-Gesetz«. Dass »Mietenwahnsinn« mittlerweile wie ein Name für die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt steht, muss sich für Michael Zahn so anfühlen, als wenn ein Schiedsrichter das Trikot der gegnerischen Mannschaft trägt.