SZ-Magazin: Sie sagen, der Wunsch nach einem neuen, veränderten Leben werde immer häufiger in die Psychotherapie getragen, ohne den Anlass einer akuten Erkrankung. Woran machen Sie das fest?
Sina Haghiri: An den Anfragen, die ich in den vergangenen Jahren vermehrt bekomme – und auch daran, was Kolleginnen und Kollegen erzählen, die noch länger im Beruf sind. Diejenigen, die kommen, weil es ihnen sehr schlecht geht, und bei denen sich dann herausstellt, dass sie etwa an Depressionen oder an einer Angststörung leiden, gibt es nach wie vor. Aber darüber hinaus melden sich auch immer mehr Menschen, deren Anliegen es ist, mehr über sich herauszufinden. Die sagen dann zum Beispiel: »Ich weiß nicht, wo es beruflich hingehen soll, und fühle mich, als würde ich feststecken«. Heute wollen viele Leute nicht nur mit einer Krankheit klarkommen, sondern mehr über sich selbst lernen.
»In Dating-Apps schreiben manche in ihr Profil, dass sie in Therapie sind«
Immer mehr Menschen machen eine Therapie, um sich selbst besser zu verstehen – auch wenn sie nicht von einer psychischen Krankheit betroffen sind. Der Psychotherapeut und Autor Sina Haghiri erklärt anhand konkreter Übungen, wie man auch ohne den Weg in die Praxis Selbsterkenntnis erlangen kann.