Von der Zeit gefragt, welches Tier das politischste sei, antwortete die Linken-Vorsitzende Janine Wissler kürzlich: die Biene. »Sie ist gut organisiert, kooperationsfähig, solidarisch – die ideale Linke also. Wir würden allerdings auf die Königin verzichten.«
Das finde ich faszinierend. Tatsächlich hat nämlich schon Aristoteles die Biene ebenso wie den Menschen ein zoon politikon genannt, ein so soziales wie politisches Wesen. Viele andere folgten ihm über Jahrtausende hinweg.
Die Biene ist dem Menschen immer als leuchtendes Vorbild präsentiert worden, bloß – und das ist eben das Interessante – auf die allerunterschiedlichste Weise. Im Mittelalter wurde ihr Gemeinwesen insofern als ideal angesehen, als es von einem so klugen wie gerechten Herrscher geführt wurde, dem die Untertanen mit Gehorsam und Fleiß dankten. Ein Volkserzieher wie Christoph Christian Sturm schrieb später, 1772, in den Betrachtungen über die Werke Gottes, damals einem Bestseller: »Laßt uns daher nie träge sein, in dem was uns zu tun obliegt, sondern vielmehr in den Pflichten unseres Berufes, wozu uns der Herr bestimmt hat, die möglichste Treue beweisen.« In Waldemar Bonsels’ 1912 erschienenem Roman Die Biene Maja aber (der mit den späteren Zeichentrickfilmen nur die Hauptfigur gemein hat) ist Maja dann plötzlich ein Individuum, das auf Heldenreise geht, sich vom Volk entfernt und entfaltet – und dann aber doch oder eben gerade deswegen seine Leute vor den bösen Hornissen rettet.