Das Beste aus meinem Leben

Der Sprach-Wertstoffhof (XIII): Unser Thema heute: neue Serviceangebote in der Dienstleistungsgesellschaft. Herr P. aus München schickt zum Beispiel das Foto eines Firmenschildes, auf dem »Transporte, Büro & Küchen-Montage, Entrüpelung« offeriert werden, Letzteres ein Dienst, den man mittlerweile nur gar zu gern beinahe täglich in Anspruch nehmen würde, denn die Zahl der Rüpel auf unseren Straßen und Radwegen sowie auch in den Fußgängerzonen hat unüberschaubare Ausmaße angenommen. Entrüpelung tut dringend not.Ein anderes Angebot könnte den Sprach-Wertstoffhof entlasten, findet Leser M. aus München. Er fand es seltsamerweise in seiner Autowerkstatt, wo über der Halle auf einem großen Schild stand: »Dialogannahme«. So etwas wird seit einer Weile von fast jedem Autohaus angeboten (wovon man sich im Internet leicht überzeugen kann), und man sollte nicht lange grübeln, warum ausgerechnet Kfz-Mechaniker Dialoge annehmen, sondern einfach seine alten, nicht mehr benötigten Dialoge dort vorbeibringen. Weiß der Himmel, was sie damit tun, vielleicht werden sie in Radios eingebaut oder in Navigationssysteme.Immer wieder umwerfend ist das Serviceangebot, das sich uns in den Ferien bietet. Frau C. aus Karlsruhe fand in dem gemieteten Ferienhaus eine Bestandsliste vor, auf der unter der Überschrift »Inventar vor Ort verwirklichen« nicht nur Messer, Mülleimer und Matratzen verzeichnet waren, sondern auch »1 Wüstensockel« und sogar »1 Verwaltungsdirektor«, der allerdings offenbar gerade seinerseits Urlaub hatte, denn er war im ganzen Haus nicht zu finden. Allein das Wort »Wüsten-sockel« ist aber, finde ich, schon eine Reise wert, ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Wüstensockel gesehen.Vom Strand in Grado Pineta berichtet Herr E. über eine ganz besondere Wellness-Offerte. Auf einem Schild steht da: »Die Rettungsmisshandeln ist bei unserer Badeanstalt in die Feier- und Vorfeiertage garantiert.« Für alle anderen Zeiten gilt leider noch, »dass kein Rettungsmisshandeln für die Badegäste vorbereitet ist«. Vielleicht schon nächstes Jahr? Mag sein, dass wegen solcher Kapazitätsengpässe auch an der Costa Blanca die Bademöglichkeiten zurzeit eingeschränkt sind. Frau van V. schickt aus Berlin ein Ferienfoto eines Pool-Schildes, auf dem darauf hingewiesen wird, dass »nur ein Wohner des Gebäudes« sich im Pool aufhalten dürfe. Trotzdem seien, berichtet die Leserin, immer mehrere Wohner im Wasser gewesen. Für sie war aber vermutlich eine ordnungsgemäße Misshandlung nicht gewährleistet.Noch ein grundsätzliches Wort zum Thema »Sprache in den Ferien«. Man kann hier nicht wählerisch genug sein, finde ich, denn ich bin immer wieder überrascht nicht nur von der Vielzahl der Angebote in dieser Richtung. Dazu ein grundsätzliches Wort, entnommen dem schon fünf, sechs Jahre alten Prospekt des »Wohnsitz Galilei-Salvemini« in Laveno/Italien, den mir freundlicherweise Frau B. aus München überließ: »Die Wahl des Urlaubs bleibt ein wichtiges und, in einem heute immer verlan-genderen Markt, zu ununterbrochenem Vergleich mit dem angebotenen zärtlichen Moment ist.«Die verlangenden Märkte hier, die angebotenen zärtlichen Momente dort – und zwischen ihnen spielt sich unser ganzes Schicksal ab.Unübertroffen von allem, was hier liegt, ein Text, in dem vor rund 15 Jahren der damalige Fremdenverkehrsdirektor des slowenischen Thermalbades Dolenjske Toplice, ein leider verstorbener Herr namens Pjut, seine Heimat pries. Herr S. aus Eichenau schickte mir die sentimental-poetischen Zeilen, in denen nicht nur die Schönheit Weiß-krains (das ist die Gegend, in der die Thermen Dolenjske Toplices sich befinden) vor unserem geistigen Auge erscheint, sondern auch die Größe und Ausdrucksfähigkeit der deutschen Sprache jenseits aller grammatischen Korrektheit und Verständlichkeit.Pjut schrieb: »Hier leben die Leute, denen sind die Woerter: das Has, die Unfreundlichkeit, Hochmut, Aufgeblasenheit, und vielleicht noch die Ungastlichkeit – fremdlich… In Weisskrain die Traurigkeit, ueble Laune und aenliche Sache ausdunsten, weil die sind nicht in Zusammenhang mit Gesang und Jauchzen… Weinsfruehlung kann nur in seine Brust werden wo – wegen guten Tropfen – die Arme Reiche, unglueckliche glueckliche, Feinde Freunde und die Narren Vernunfte entstehen. Behalten sie da um alles – was sie schon vergessen haben dass noch existiert – zu einsaugen.«

Illustration: Dirk Schmidt