Vor Kurzem bekam ich eine Mail von Samuel Akaru aus der Republik Benin. Akaru stellte sich als Anwalt von Andrew Hacke vor, Direktor der Andrew Construction Company in Benin. Andrew Hacke sei zusammen mit seiner Familie am 25. Dezember 2003 beim Absturz einer Boeing 727 in Benin ums Leben gekommen. Sie seien auf dem Weg nach Beirut gewesen, um dort Ferien zu verbringen.Andrew Hacke, so teilte mir sein Anwalt mit, habe ein Vermögen in Höhe von 15,5 Millionen Dollar hinterlassen, das nun herrenlos sei. Es gebe keine Verwandten von Andrew Hacke mehr in Benin, und er, Samuel Akaru, habe sich daraufhin im Internet auf die Suche nach Leuten mit dem gleichen Nachnamen gemacht. Er biete an, mich in den Besitz des Vermögens zu bringen, bevor die Continental Bank Benin das Geld konfisziere. Dafür wolle er einen Teil des Vermögens haben. Seine Angebot: 60 Prozent für ihn, 40 für mich. Ich solle Telefon- und Faxnummer, Adresse, Beruf sowie vollen Namen mitteilen. Ich war erstaunt über die Gebührensätze der Anwälte in Benin; da dürfte mancher deutsche Kollege neidisch werden. Dann machte ich mich meinerseits im Internet auf die Suche nach Samuel Akaru und Andrew Hacke. Ich entdeckte (was ich mir schon gedacht hatte): dass ich nicht der einzige Adressat solcher Post bin.Viele Menschen bekommen sie, mit gleichem Inhalt: Ein Vermögen wartet in Afrika. Dahinter stecken, so lernte ich, Verbrecherbanden. Sobald man auf den ersten Brief eingegangen sei, las ich, antworteten sie: Herzlichen Dank, wir treiben die Sache weiter voran, leider kommen wir ans Geld noch nicht ran, schicken Sie tausend Dollar; wir müssen Beamte bestechen und Gebühren zahlen. Es soll Leute geben, die das tun. Sie hören nie wieder von Samuel Akaru und seinen Freunden.Ich entdeckte außerdem, dass viele andere Briefadressaten ebenfalls Namensvettern bei jenem Flugzeugabsturz vor vier Jahren verloren hatten. Die Toten trugen den jeweiligen Nachnamen des Adressaten, hießen aber alle Andrew mit Vornamen. Und alle waren Direktoren der Andrew Construction Company, einer Firma, die durch das Unglück enthauptet wurde: Die Maschine war voller Chefs namens Andrew. Ein Betriebsausflug anscheinend.Etwas später kam Post von Leser K. aus Aachen. Er hatte eine ähnliche Nach-richt von einem Mann namens Peter Freez in Ghana bekommen. Aber während Samuel Akaru mir auf Englisch geschrieben hatte, erhielt D. seine Post auf Deutsch. Freez teilte dem D. nach der Anrede »Am liebsten« mit, er sei Entdecker »einer verlassenen Summe of $ 12,500,000.00 (nur zwölf Million fünfhundert tausend Vereinigte Staaten Dollar) in einem Konto, das bis einen unserer Auslandskunden gehört, die zusammen mit seiner gesamten Familie eine Frau und zwei Kinder im November 1999 in einem Selbstabbruch starben. Seit wir von seinem Tod hörten, haben wir seine Folgendvonstämme erwartet, vorbeizukommen und Ansprüche für sein Geld als der Erbe zu setzen, weil wir nicht die Kapital von seinem Konto freigeben können… Leider hat weder ihr Familie Mitglied noch entfernter Verwandter everappeared.« Freez’ Vorschlag: 65 Prozent für ihn, 5 für Gebühren, 30 für Leser D.Ich war neidisch. So schöne Wörter hatte mir Akaru nicht geschrieben: Am liebsten, Selbstabbruch, Folgendvonstämme… Ich sortierte sie alle in den Sprach-Wertstoffhof ein.Dann schrieb ich Samuel Akaru: »Am liebsten Akaru! Thank you for deinen wonderfullen Mailpost. Ist es nicht ein unbelievable Zufall, dass ich Dir gestern auch schreiben wollte? Denn am 21.12.2003 ist Mr. Andrew Akaru, Prokurist der Andrew Altwörter-Entsorgungs GmbH, hier auf meinem Sprach-Wertstoffhof zu einem Abbruch gekommen, als er einen Lkw entladen wollte. Er wurde together mit seiner Schwiegermutter und zwölf Folgendvonstämmen von einem Berg alter Phrasen und Metaphern erschlagen. Herr Andrew hinterlässt ein Vermögen von 15,5 Millionen seltener, sehr beautifuller Wörter. Du wollen haben? Ich vorschlagen: 60 Prozent für mich, 60 Prozent für dich, den Rest für die Duden-Redaktion. Bitte antworte soon, aber nurnurnur auf Deutsch (lass Peter Freez übersetzen!) und mit Foto und Geld, das ich Dir dann backschicke, für Deine Auslagen. Mit dem besten Respekt aus meinem Leben! Dein Axel.«
Illustration: Dirk Schmidt