In Norwegen wird ein Tunnel geplant, der 1,7 Kilometer lang und knapp 37 Meter hoch sein soll, das ist sehr hoch für einen Tunnel; der Gotthard-Tunnel zum Beispiel hat 4,50 Meter lichte Höhe - aber der ist auch nicht für Schiffe gedacht wie das norwegische Projekt, das zwei Fjorde verbindet. Hier wird etwa die Midnatsol der Reederei Hurtigruten fahren, 136 Meter lang, eintausend Passagiere.
Das ist ein Vorhaben nach meinem Geschmack. Ein Schiffstunnel! Wir haben in Deutschland auch hübsche Großprojekte, aber allmählich müssen wir uns fragen, ob es genug sind. Es zeichnet sich ab, dass der Berliner Flughafen wider Erwarten möglicherweise 2017 in Betrieb geht, auch die Elbphilharmonie in Hamburg soll bis dahin so weit sein. Die Bauarbeiten an der Kölner U-Bahn sollen bereits in etwa 150 Jahren abgeschlossen werden, da ist aber schon Einsturz und Neubau des Domes einkalkuliert. Es ist absehbar, dass wir uns nach etwas Neuem umsehen müssen.
Berlin und Hamburg haben in vorbildlicher Weise reagiert und sich um die Olympischen Spiele 2024 beworben. Hamburg hat die deutschlandinterne Konkurrenz gewonnen und wird mit Boston und Rom konkurrieren. Die Sache soll 2,17 Milliarden Euro kosten. Nimmt man die Elbphilharmonie, bei der sich die Kosten verdreizehnfachten und die Eröffnung um sieben Jahre verzögerte, als Maßstab, wird man am Ende 28 Milliarden bezahlen, und die Olympischen Spiele 2024 werden im Jahr 2031 stattfinden. Was macht das schon? Die Fußball-WM vom Sommer 2022 in Katar findet auch erst im Winter statt. Ohnehin wird als Hindernis für die Hamburger Bewerbung immer die Tatsache genannt, dass im Jahr 2024 vielleicht auch die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland stattfinde, das seien zu viele Wettbewerbe zugleich. Das Problem löst sich also quasi von selbst, zumal zurzeit (wegen der Politik Putins) ein Boykott der Fußball-WM 2018 in Russland erwogen wird. Wie wäre es, man spielte die Europameisterschaft 2024 schon 2018 in Deutschland aus und die WM 2018 dann im Jahr 2024 im bis dahin vielleicht friedlich gewordenen Russland?
Die wichtigere Frage: Was soll in Berlin geschehen, das Olympia nicht bekommt? Die Stadt hat einen riesigen Verwaltungsapparat, weltweit führend, wenn es darum geht, gigantische Bauprojekte zu verzögern und zu verteuern. Da ist es mit einem lumpigen Wasserschaden in der neuen Zentrale des Nachrichtendienstes und einem mittelgroßen Stadtschloss nicht getan. Die Leute wollen beschäftigt sein, sie brauchen Ziele, sonst werden sie unruhig.
Ein Vorbild könnte München sein, das in einem Bürgerentscheid eine Teilnahme am Wettbewerb um jene Winterspiele 2022 ablehnte, die nun möglicherweise im Sommer 2022 in Katar stattfinden sollen; dort sind durch die Verschiebung der Fußball-WM in den Winter Kapazitäten frei. In München hat man beschlossen, einen vorhandenen großen Konzertsaal im sogenannten Gasteig einerseits abzureißen, das Gebäude drum herum aber stehenzulassen, ein Vorhaben, das den Vorteil völlig unkalkulierbarer Kosten mit der Sicherheit absolut unabsehbarer zeitlicher Dimensionen verbindet. Zwar gäbe es im sogenannten »Finanzgarten« nahe der Residenz Platz genug für einen schönen Neubau, dort müsste man aber nur einige Bäume roden - mit derlei Petitessen ist eine moderne Staatsverwaltung heutzutage nicht mehr ausgelastet.
In Berlin wird nun diskutiert, den Hauptbahnhof mit dem neuen Flughafen durch den weltweit ersten Flugtunnel zu verbinden, das heißt, man käme mit dem ICE an und würde dann mit einem Airbus unterirdisch direkt ans Terminal fliegen, durch eine zwanzig Kilometer lange und ebenso hohe Röhre. Mit einer ersten Projektstudie wurde auf Grund seiner überragenden Kompetenz der Ex-Airbus-, Ex-Bahn-, Ex-Air-Berlin- und Ex-Flughafen-Chef Mehdorn beauftragt. Die Eröffnung wurde auf das Jahr 2019 terminiert. Niemand von uns wird es also erleben.
Illustration: Dirk Schmidt