Was die Frage angeht, ob jemand in diesem Jahr bis jetzt eine noch blödere Idee hatte, als Neuwahlen in Großbritannien zu veranstalten und damit eine sichere Mehrheit im Unterhaus zu verspielen, möchte ich Andrew Cheadle aus der Stadt Modesto in Kalifornien nicht unerwähnt lassen.
Unser lieber Andrew war aus irgendeinem Grunde in der örtlichen Filiale von Walgreens gelandet, das ist eine große amerikanische Apothekenkette. Dort muss ihm ein nicht näher spezifiziertes Missgeschick unterlaufen sein (die Lokalzeitung Modesto Bee berichtet: he had an accident). Jedenfalls sah sich Andrew Cheadle veranlasst, auf der Toilette seine Unterkleidung auszuziehen – und zwar rasch. Dies aber gelang ihm nicht oder doch nicht in der gewünschten Geschwindigkeit. Mag auch sein, dass Andrew Cheadle ein wenig ungeduldig war, weshalb er die Unterkleidung mit Hilfe eines Feuerzeugs anzündete, to burn them off, um noch einmal die Modesto Bee zu zitieren, also eigentlich: sie sich vom Leib zu brennen.
Am Ende landete die brennende Wäsche in der Toilette, der Rauchmelder heulte, Feuerwehr und Polizei rückten an. Andrew Cheadle, anscheinend unverletzt, wurde verhaftet, aber nicht wegen Brandstiftung. Die war ihm nicht vorzuwerfen, er hatte das Feuer ja selbst gelöscht. Nein, gegen ihn lagen zwei ältere Haftbefehle vor, er wurde polizeilich gesucht.
Man kann nicht oft genug darauf hinweisen: Für jemanden, der auf der Fahndungsliste steht, gibt es eine Reihe von Verhaltensempfehlungen. Seine Unterwäsche in einer Apotheke anzuzünden, gehört nicht dazu.
Andererseits kommt einem Theresa Mays Idee immer noch ein bisschen bescheuerter vor: einen Wahlkampf zu veranstalten, obwohl man erstens eine Mehrheit hat, zweitens persönlich komplett unfähig ist, Wahlkämpfe zu bestreiten und drittens im Grunde Wichtigeres zu tun hätte, nämlich den Brexit durchzuziehen, den man selbst noch vor gut einem Jahr für falsch hielt … Bitte, das ist so absurd, dass es nur mit dem unbewussten Wunsch zu erklären ist, endlich aus Downing Street verschwinden zu können, ohne zurücktreten zu müssen. Ob sich Andrew Cheadle bloß nach einem ruhigen Plätzchen in einer Haftanstalt sehnte?
In jedem Fall hat die Schlaumeier-Abteilung der Menschheit in letzter Zeit einige Rückschläge erlitten, wir wollen ja nicht David Cameron vergessen, den Brexit-Gegner, der den Brexit mit dem Versuch herbeiführte, die Brexit-Befürworter ein für alle Mal zu erledigen.
Hier ist noch die Geschichte von Jerry Lynn, der an einem Septembertag im Jahr 2004 um 18.40 Uhr in seinem Haus in Pittsburgh einen Wecker an eine Schnur band, ihn auf 18.50 Uhr stellte und dann vom ersten Stock aus in einem Lüftungsschacht versenkte. So wollte er im Erdgeschoss diesen Schacht besser lokalisieren können, um an der bestmöglichen Stelle ein Loch für ein Antennenkabel zu bohren, das er durch diesen Schacht zu führen gedachte.
Leider hatte er die Schnur nicht gut genug am Wecker befestigt, so dass dieser herunterfiel und nun seit 13 Jahren jeden Tag in der Wand klingelt, immer um 18.50 Uhr, während der Sommerzeit um 19.50 Uhr. (Lynn hatte offensichtlich rechtzeitig neue Batterien von hoher Qualität gekauft.) Der Reporter der lokalen CBS-Station hatte dafür die trostreiche Variation eines alten Pink Floyd-Songs parat: All in all it’s just another clock in the wall.
Ja, es ist nur eine Uhr in der Wand. Irgendwann werden auch ihre Batterien leer sein. Dann wird wieder Ruhe herrschen im Hause Jerry Lynns. Vielleicht wird sich auch Andrew Cheadle wieder auf freiem Fuß befinden. Aber was tut man bloß, um Himmels willen, wenn man mit brennender Unterhose und aus der Wand klingelndem Wecker für immer in den Geschichtsbüchern steht?
Illustration: Dirk Schmidt