»Wir führen gestörte Beziehungen zu Tieren und damit zu uns selbst«

In seinem Buch »Warum wir Tiere essen« beschäftigt sich der Kulturwissenschaftler Thomas Macho kritisch mit Massentierhaltung und Fleischkonsum. Im Interview nennt er auch Ideen, mit denen der hohe Fleischkonsum zurückgehen könnte.

Der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt zwar in Deutschland seit einigen Jahren leicht, weltweit steigt er aber massiv.

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SZ-Magazin: Herr Macho, Sie sind Philosoph und schreiben über das Essen von Tieren. Was an diesem Thema ist philosophisch?
Thomas Macho:
Die Philosophie hat sich von Anfang an – seit der griechischen Antike – mit Fragen der Ernährung und der Beziehung zwischen Menschen und Tieren beschäftigt. Mich interessiert heute eine auffällige kognitive Dissonanz: Wir erfahren so viel von brutaler Massentierhaltung, wir wissen immer mehr über die Empfindsamkeit und Intelligenz vieler Tierarten, dennoch boomt der Fleischkonsum.

In Deutschland sinkt der Fleischkonsum laut Statistik seit 2021 leicht.
Junge Menschen in Deutschland tendieren verstärkt zu Veganismus oder Vegetarismus. In den USA sinkt der Anteil an verzehrtem Rindfleisch, dafür steigt der Konsum von Schweinefleisch und Geflügel. Der globale Fleischverzehr könnte bis zum Jahr 2029 noch einmal um 40 Millionen Tonnen auf 360 Millionen Tonnen pro Jahr wachsen. Das ist eine Menge, die man sich nicht mehr vorstellen kann. Und wir wissen, dass etwa 60 Prozent unserer landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland für den Anbau von Tierfutter gebraucht werden, während zugleich der Ausfall von Getreideexporten aus der Ukraine beklagt wird.