»Weinen kann in stressigen Situationen entspannend wirken«

Warum weint der Mensch? Und wie überwindet man Phasen des Kummers wieder? Der Trauerforscher Hansjörg Znoj spricht im Interview über den Proteingehalt unterschiedlicher Tränensorten – und die Frage, wie man heulenden Menschen wirksam beisteht.

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Ich muss gestehen, ich bin sehr nah am Wasser gebaut. Egal ob bei Überforderung oder bei kitschigen Liebesliedern: Die Tränen kullern bei mir schnell. Aber wieso weinen wir eigentlich?
Dazu gibt es sehr viele Theorien, aber wenig Gewissheiten. Aus evolutionsbiologischer Sicht scheint es am plausibelsten, dass es darum geht, mittels der sogenannten Basaltränen und der Reflextränen die Augen zu befeuchten, zu reinigen und zu schützen. Das ist ja ein hochsensibles Organ mit einer feinen Haut.

Aber darum geht es mir wohl nicht, wenn mir im Kino das Wasser in die Augen schießt.
Da kommt die zweite Theorie ins Spiel, nämlich dass Tränen an unsere Emotionen gebunden sind und eine soziale Funktion haben. Wenn wir weinen, signalisieren wir den anderen, wie wir uns fühlen, dass wir verletzlich und offen für Hilfe sind. Wir kommunizieren über Tränen – genau wie über unsere Gesichtsmuskeln, Hände, Füße, Sprache oder unseren Ausdruck. Es gibt aber auch noch andere Theorien, wieso der Mensch weint.