Ein unscheinbares Stadthaus in der Fournier Street in London. Braune Ziegel, unverputzt, typisch für den Stadtteil Spitalfields, wo Gilbert Prousch und George Passmore seit mehr als einem halben Jahrhundert leben. Von hier aus eroberten sie Ende der Sechzigerjahre als schwules Künstlerpaar Gilbert & George die Kunstwelt. Zuerst indem sie sich zu »lebenden Skulpturen« erklärten, dann als Chronisten ihrer selbst und der sich wandelnden britischen Popkultur, die sie in großformatigen Fotomontagen inszenieren. Die Motive dazu finden sie in ihrem Viertel: Skinheads, Obdachlose, verfallende Häuser, Graffiti, Müll und Pflanzen – die Staffage einer sich wandelnden Stadt. Heute sind sie beide über 80, immer noch aktiv, und gehören längst zur britischen Folklore wie König Charles und Mr. Bean. Sie empfangen im Tweed-Anzug, ihrem Markenzeichen. Im Innenhof sitzt George, ein Obdachloser, der hier seit 20 Jahren eine Tasse Tee bekommt. Nebenan wohne noch ein George, sagt George Passmore, Boy George.
»Wir wollen das Publikum umarmen«
Das Londoner Künstlerpaar Gilbert & George blickt zurück auf ein Leben als Gesamtkunstwerk. Ein Gespräch über Liebe auf den ersten Blick, Tweed-Anzüge und die Frage, warum man möglichst selten Musik hören sollte.