»Wir können mit unserer Schwäche zum Vorbild werden«

Vor 27 Jahren trafen sich der Künstler Peter Radtke und der Politiker Wolfgang Schäuble, um mit dem SZ-Magazin über das Leben mit Behinderung zu sprechen. Im Spätsommer 2019 haben wir die beiden erneut zu einem großen Gespräch eingeladen.

Schäuble und Radtke bei ihrem Gespräch mit ­dem SZ-Magazin 2019 im Reichstagsgebäude.

SZ-Magazin: Wir freuen uns sehr, dass wir Sie nach 27 Jahren nochmal an einem Tisch haben. Bei Ihrem ersten Gespräch saßen Sie, Herr Schäuble, seit 15 Monaten im Rollstuhl und sagten, Sie seien als behinderter Mensch quasi noch Azubi. Sind Sie Meister in diesem neuen Leben geworden?
Wolfgang Schäuble: 
Für einen Querschnitts gelähmten, der nun 29 Jahre im Rollstuhl sitzt, bin ich ziemlich gut. Die Orthopäden sind zufrieden. Ich sitze immer noch relativ aufrecht, obwohl das sehr anstrengend ist. Ich bin ja ab TH3 gelähmt, also ab Brusthöhe. Ich habe auch immer Physiotherapie gemacht. Aber eigentlich ist das Ziel der Rehabilitation, dass der Rollstuhl ­als ein Bestandteil des Körpers empfunden wird. Diese Selbstverständlichkeit habe ich nicht. Trotz allem.