SZ-Magazin: Statt von Selbstbefriedigung sprechen Sie lieber von Solosex. Warum?
Julia Henchen: Ich habe den Begriff »Solosex« gewählt, weil ich deutlich machen möchte, dass Solosex auch richtiger Sex ist. Wir lernen ja immer noch häufig, dass Sex dann Sex ist, wenn ein Penis in eine Vagina eindringt, das hören wir nicht nur in der Schule, sondern eigentlich überall. Mit diesem Bild möchte ich aufräumen, denn Penetration ist letztlich nur eine Sexualpraktik – und Solosex eben auch.
Warum ist das Thema so schambehaftet?
Häufig ist vor allem der Solosex von Frauen schambehaftet, und zwar aus demselben Grund, aus dem auch die weibliche Lust immer noch tabuisiert ist: Ich erinnere mich, dass in meiner Jugend Filme wie »American Pie« cool waren, in denen man hauptsächlich sieht, wie Männer sich befriedigen oder über Sex sprechen. Frauen sind eigentlich nur Objekte. Sie sind da, um zu gefallen. Das macht etwas mit unseren Vorstellungen und unserer Scham. Frauen lernen dadurch, dass ihre Sexualität weniger Wert hat – sexuell sollten sie eigentlich nur sein, um Männern zu gefallen, oder etwas zu tun, das Männern sexuell gefällt. Solosex ist an sich schon ein sehr intimer Akt, bei dem man etwas von sich preisgibt, und bei Frauen kommt noch dazu, dass wir nie darüber sprechen, wie das überhaupt funktioniert – viele wissen das gar nicht. Letztendlich geht es aber darum, dass Solosex nur für einen selbst ist und nicht dafür, jemandem zu gefallen.