»Das ist heilig, das ist göttlich«


Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison über ihre Rolle als Künstlerin, den Wortschatz von Donald Trump und warum sie Günter Grass verzeihen würde.

Dieser Frau flüsterte der damalige US-Präsident Barack Obama vor fünf Jahren ins Ohr, dass er sie liebe: Toni Morrison, 86.

Foto: Katy Grannan

SZ-Magazin: Ihr Buch »Gott, hilf dem Kind« beginnt mit einem ahnungsvollen Satz: »Ich kann nichts dafür.«
Toni Morrison: Das stimmt.

Eine Mutter betrachtet ihre neuge­borene Tochter und sieht, dass die Hautfarbe des Kindes viel dunkler ist als ihre eigene. Und sie fürchtet um die Zukunft des Kindes.
Und ihre eigene.

Im Gegensatz zu Ihren vorherigen Büchern spielt diese Geschichte im Amerika der Gegenwart. Warum können Menschen in diesem Land immer noch an ihrer Hautfarbe zerbrechen?
So fing alles an. Das Land gründet auf der Arbeit von Afrikanern. Sie sollten unbezahlt arbeiten und sich als Arbeiter vermehren. Als ich Gnade schrieb, sollte das Buch in einer Zeit spielen, bevor der Rassismus zum Gebot wurde und das Land prägte. Es war kurz vor den Hexenprozessen von Salem, als sie herumliefen und Menschen aus religiösen Gründen umbrachten. Religiöse Leute regten sich über alles Mögliche auf, aber nicht über Hautfarbe. Das kam später. Bedenken Sie: Wenn Sie in dieses Land aus Deutschland oder Russ­land oder woher auch immer kommen, steigen Sie aus dem Boot, betreten das Land, und Sie sind irisch oder deutsch oder was auch immer. Aber wenn Sie ein Amerikaner werden wollen, müssen Sie weiß sein. Das ist die Verbindung, die das Land und seine Menschen zusammenbringt. Ähnliche Dinge passieren im Moment möglicherweise in Europa. Meine Auffassung ist, dass wenn Sie aus Schweden kommen, sind Sie schwedisch. Sie mussten nicht sagen: »Ich bin ein weißer Schwede.« Wissen Sie, was ich meine?