Nachtzug. Schon das Wort löst Träume aus: von der sanft ratternden Schiene, vom Klopfen an der Abteiltür, wenn der Schaffner morgens Kaffee ans Bett bringt. Wohlig streckt man dann die Glieder, schiebt den Vorhang beiseite und blickt zum ersten Mal nach draußen: Da, das brandende Mittelmeer. Da, die Wälder Südschwedens. Da, der Eiffelturm. Ausgeruhter kann man im Urlaub kaum ankommen.
Kein Wunder, dass die Nachfrage steigt: weil Nachtzugfahren klimafreundlich ist, weil gerade in Corona-Zeiten eine Reise im eigenen Abteil Privatsphäre verspricht, weil das Auto immer teurer wird, weil mit dem Nachtzug schon die Reise zum Abenteuer wird, weil immer neue Strecken dazukommen. Leider prallt die große Nachfrage aber auch auf ein träges System. Und leider findet dieses Umdenken gerade erst statt. Und stellt zum Beispiel die Deutsche Bahn vor große Probleme.
Die hat ihr Angebot 2016 komplett eingestellt, weil es nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben gewesen sei, wie der Vorstand verlauten ließ. Die Entscheidung war damals der Schlussstrich unter einen jahrelangen Niedergang, der besonders auf das Aufkommen der Billigflieger ab den 2000er-Jahren zurückzuführen war. Da weite Teile der Nachtzug-Flotte ihre Lebensdauer erreicht hatten, musste die Bahn sich zwischen einer großen Investition und einer Totaleinstellung entscheiden – mit bekanntem Ergebnis.