Sie haben eine Kulturgeschichte der Sexualität geschrieben, ein dickes Buch voller interessanter, kurioser und manchmal auch etwas beängstigender Erkenntnisse darüber, wie die Menschen früher Sex hatten. Können wir daraus auch etwas für unser heutiges Sexualleben lernen?
Kate Lister: Vor allem, wie rasant sich Einstellungen zur Sexualität verändern können. Schon zu unseren Lebzeiten haben die sich ziemlich stark gewandelt – und im Laufe der vergangenen Jahrhunderte tiefgreifend. Viele Dinge, die einst als obszön und illegal galten und für die man hart bestraft werden konnte, erregen heute keinerlei Aufsehen mehr. Das macht mich manchmal betroffen für all die Menschen, die früher ohne Grund schreckliche Strafen ertragen mussten, zum Beispiel für Homosexualität oder Ehebruch. Aber es zeigt auch, dass es möglich ist, Dinge zum Besseren zu verändern. Wobei es auch in die andere Richtung gehen kann und Errungenschaften, auf die wir heute stolz sind, wieder zunichte gemacht werden.
»Die Männer fingen einen Streit an, wer die Klitoris zuerst entdeckt hat«
Die Historikerin Kate Lister erforscht die Kulturgeschichte der Sexualität. Ein Gespräch über Schamhaarmoden in der Antike, maßgeschneiderte Kondome im 17. Jahrhundert und die Frage, wie gefährdet die sexuelle Freiheit gerade jetzt ist.