Die Whiskyinsel

Was hilft gegen Einsamkeit und herbe Witterung? Genau. Auf Islay wissen sie das seit Jahrhunderten.

Das, was in Batzen unter den Gummistiefeln klebt, wenn man auf Islay querfeldein läuft, ist kein Schmutz, sondern das, was die karge Insel und ihre 3500 Seelen am Leben erhält: Tausend Jahre lang reift der Torf unter Heidegestrüpp und Grasbüscheln, dann wird er gestochen, luftgetrocknet und verbrannt. Acht Whiskydestillerien konservieren dieses spezielle Islay-Aroma in Flaschen. Whiskykenner nennen Islay die »Königin« der schottischen Whisky-Inseln, denn Islay hat mehr Destillerien als die anderen fünf Inseln zusammen, auf die Kenner pilgern, um den Whisky an seinem Ursprungsort zu trinken.

Jede Marke schmeckt speziell, auch wenn alle Destillateure auf Islay ihren Whisky inzwischen aus demselben Malz brennen. Seltene Jahrgänge ersteigern Kenner für Hunderte Euro. In den Bars von Islay kostet ein Glas eines raren Whiskys gerade einmal so viel wie ein Bier. Ohne Whisky wäre das Leben auf der einsamen Insel wohl auch nicht auszuhalten, so rau und kalt bläst der Wind. Stürmisch ist schon die Landung mit einer winzigen Propellermaschine, die sich täglich aus Glasgow nach Islay kämpft. Auch auf See ist es gut, eine Flasche an Bord zu haben: Bei einem Ausflug zum Corryvreckan, dem drittgrößten Strudel der Welt, springt das winzige Motorboot über die Wellen wie ein Pferd beim Derby. Der Corryvreckan sieht aus, als hätte der liebe Gott den Stöpsel aus seiner Badewanne gezogen. Und so wie der Meeresstrudel heißt auch einer der teuersten Whiskys der Brennerei Ardbeg auf Islay. Seinen Namen trägt er zu Recht: Der hochprozentige Corryvreckan wirbelt durch die Nase, über die Zunge, den Gaumen. Und dann ist es ruhig, wie im Zentrum des Strudels – der Mund betäubt, der Magen besänftigt, der Kreislauf wiederbelebt. Später wird man den Duft überall wieder riechen. Im Rauch aus dem Schornstein, im Hotel, in den eigenen Haaren. Und natürlich im Glas.

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Übernachten und Essen Im Port Charlotte Hotel kann man nicht
nur inmitten von Antiquitäten schlafen, DZ ab 160 Euro, sondern auch sehr fein essen. Steak, Hummer oder Spätzle stehen auf der Karte und niemand muss sich vor Pfefferminzsoße fürchten. Die Hausbar schenkt alle Whiskysorten der Insel aus. Tel. 0044/1496/85 03 60.
Unbedingt die Whiskybrennerei Ardbeg in Port Ellen besichtigen: in den Wintermonaten von Montag bis Freitag, Tel. 0044/1496/30 22 44.

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