Haben wollen, jetzt!

Bei Lebensmitteln achtet man auf regionale Herkunft, aber beim Spielzeug? Oder bei trendigen Sommerröcken? Da schickt man Waren um den ganzen Globus. Damit muss Schluss sein, findet unsere Autorin – und schlägt ihrer Familie einen Deal vor.

Kürzlich habe ich vom tollen Online-Handel geschwärmt, wie einfach, wie zeitsparend, wie schnell, wie geil. Wir warten jetzt seit zwei Wochen auf einen Spinner Fidget zu vier Euro fünfundneunzig, den mein Kleiner sich bei Amazon bestellen durfte, nachdem seine Mutter beim analogen Shopping versagt hatte. Zack, Klick, Prime und übermorgen soll das Ding da sein!

Wir hatten extra ganz genau geschaut – ob das Spielzeug auch wieder aus China kommt. Ich will nämlich keine einzelne Ware aus China geschickt bekommen. Wir haben jetzt schon ein paar Fußballschuhe aus China, ein Spielzeugbutterflymesser und einen nachtblauen plissierten Minirock. Der nachtblaue plissierte Minirock mit den schwarzen Hosenbeinen darunter kam nach fünf Wochen aus Shanghai. Shanghai-Berlin, das sind Luftlinie 8.399,24 Kilometer. Landroute zweitausend mehr, per Schiff locker das dreifache und nach Hongkong sind's noch mal paar hundert Kilometer mehr.

Aus Hongkong soll jetzt der Spinner Fidget (Falls Sie nicht wissen, was das ist, ich habe hier schon einmal darüber geschrieben) kommen, auf den wir seit zwei Wochen warten. Das wurde uns nach Bestellung der Ware per Email bescheinigt.

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Warten ist schon schlimm, vor allem für ein Kind. Auf das Spielzeugbutterflymesser für den Großen hatten wir so lange gewartet, dass wir uns, als es nach Monaten eintraf, fragten, was das sein könnte. Da war das Spielzeugbutterflymesser schon wieder total out. Und der Spinner Fidget im Kommen. Der, wie ich zu meinem Erschrecken erfahren habe, soeben vom Bouncy Band abgelöst werden soll. Die Fußballschuhe kamen erst gar nicht bis zu uns an die Haustür, sondern blieben beim Zoll hängen. Wo ich sie hängen ließ, weil wir sie mittlerweile eine Nummer größer brauchten.

Noch dämlicher als das Warten aber ist das Prinzip. Beim Einkaufen achte ich darauf, dass die Lebensmittel möglichst aus dem Umland kommen und nicht um die halbe Welt geflogen oder geschifft wurden. Und ich bestelle bei Amazon in der Annahme, dass der Spinner Fidget zu 4,95 aus Brieselang/Brandenburg kommt. Wohin es en masse aus Asien importiert wurde. ABER DOCH NICHT EINZELN!

Die schicken einzelne Spinner, Messer und Miniröcke abertausende Kilometer durch die Weltgeschichte, und das ja nicht nur zu mir. Sondern zu vielen Leuten, denen sie den eigentlichen Absender trickreich verschleiern. Es war nämlich bei der Bestellung nie ersichtlich, wer und wo das ist. Der nachtblaue plissierte Minirock zum Beispiel, der stammte angeblich von einem Laden mit Schweizer Adresse. Das ließ ich grad noch durchgehen. Ich wollte den Rock unbedingt. In allen Shops war er ausverkauft.

Allerdings, und jetzt kommt's, habe ich gar keinen nachtblauen plissierten Minirock bestellt, in dem ich aussehe wie ein Mangamädchen beziehungsweise wie eine ziemlich erwachsene Frau, die nicht rafft, dass sie in einem nachtblauen plissierten Mangamädchenminirock sich auf leicht lächerliche Weise mit den Trends, aber halt gegen die Zeitläufte dreht. Ich hatte einen Jeansrock bestellt. Und jetzt liegt da das Ding aus Shanghai - und ich kann das doch nicht wieder all die 8.399,24 Kilometer zurückschicken! Nur damit die chinesischen Händler hier in Deutschland Umsatzsteuer sparen können. Allein der Preis für die Rücksendung – 14,98 Euro und das noch ohne Zoll – wäre höher als die Mehrwertsteuer hier.

Also habe ich meinem Kleinen vorgeschlagen, komm wir tauschen. Weil, wir müssen uns freimachen von dem CO2-Irrsinn und dem globalen Instant-Shopping! Du kannst, habe ich gesagt, den nachtblauen plissierten Minirock mit den schwarzen Hosenbeinen haben. Schneidest du halt den Rock drüber ab. Dafür nehme ich dann deinen Spinner Fidget. Wenn er im Herbst eintrudelt. Und keiner mehr weiß, wozu das Ding mit den Flügeln mal gut gewesen sein soll. Aber so weit kann ein wartendes Kind natürlich nicht denken.

Foto: Photocase.de/complize