20. März 1919
(Wilhelm S., *1894)
Bei der Morgenzählung eine Stunde lang im kalten Schneesturm im Nassen gestanden, dank der Flegelei einiger „Kameraden“. Oft weiß man nicht, ist man in einem Uffz.-Lager oder in einer Verbrecherkolonie. – Heute ein guter Tag: zum Abendbrot gibt es die zweite Liebesgaben-Gulaschportion und Kantinenkartoffeln.
Soll Ende gut, alles gut bedeuten? Denn heute singen wir: Winter ade, scheiden tut weh? … Möchte doch bald auch der Winter der Gefangenschaft dem Frühling der Freiheit weichen? Aber wann? Wir sind jetzt wieder ganz pessimistisch geworden und machen uns damit vertraut das fünfte Kriegsjahr hier voll zu machen.
Das berühmte Broctoner Signal, das mir ewig in den Ohren klingen wird: Der Teufel ist los, der Teufel ist schon wieder los!
Tagebuch: 20. März 1919
Und immer wieder Frühling: 100 Jahre Zeitgeschichte in privaten Notizen.