Wir müssen draußen bleiben

Skrupellose Banker, gierige Finanzjongleure – jetzt haben die Leute, die Banken und Anlegern Milliardenverluste beschert haben, die Bescherung: Kein Mensch will mehr was mit ihnen zu tun haben. Fünf Paare, für die die High Society zur Goodbye Society geworden ist.

Sir Fred und Lady Joyce Goodwin, Edinburgh

Er war CEO der Royal Bank of Scotland
Tatbestand Durch Missmanagement mitverantwortlich an der Pleite der RBS-Bank
Verlust Bis zu 400 Milliarden Euro
Heute Lebt von seiner üppigen Rente Steine flogen durchs Fenster, der Mercedes S 600 wurde demoliert, im Garten des Anwesens lag ein Flugblatt: »Dies ist nur der Anfang.« Warum? Die Royal Bank of Scotland gab bekannt, dem Ex-Chef, Sir Fred Goodwin, eine Pension von 800 000 Euro pro Jahr zu zahlen, obwohl sie 2008 einen Verlust von 28 Milliarden meldete und der Staat für 380 Milliarden fauler Kredite der Bank bürgen muss. 15 000 Menschen hatten ihre Jobs bei der RBS verloren. In den Nachrichten sagte eine Frau: »Mich wundert, dass die erst jetzt attackiert werden.« Seit Goodwin mit seiner Familie in eine Hochsicherheitsvilla bei Cannes flüchtete, nennen ihn die Briten »Fred the Fled«, »Fred der Flüchtige.« Im August ist die Familie zurückgekehrt, weil die Kinder zur Schule müssen. Goodwin verlässt das Haus aber nur selten. Britische Paparazzi verfolgen jeden seiner Schritte.

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Meistgelesen diese Woche:

Bernard L. und Ruth Madoff, New York

Er war Investor
Tatbestand Hat private Anleger betrogen
Schaden 65 Milliarden Dollar
Heute Zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt

Mit großer Häme berichteten die Medien, wie der Himmel über Ruth Madoff einbrach, als ihr Mann den größten Betrug der Wirtschaftsgeschichte gestanden hatte: Im Fernsehen sprachen Floristen, Friseure, Gemüsehändler Hausverbote aus, Journalisten verfolgten sie in den Supermarkt, um zu notieren, welche Käsesorte sie kaufte, nachdem das Vermögen eingefroren war. Die öffentliche Ächtung Ruth Madoffs rührte vor allem daher, dass ihre Mitschuld immer noch ungeklärt ist; und dass sie versucht hatte, 15,5 Millionen Dollar beiseitezuschaffen, ehe sich Bernie, 71, stellte. Auch die Söhne Andrew, 43, und Mark, 45, wurden in Restaurants angepöbelt und verprügelt. Das Schlimmste aber für Ruth Madoff: Seit dem Geständnis sprechen die Söhne nicht mehr mit den Eltern, nennen sie auch nicht mehr »Mum« und »Dad«. Ihre Enkel darf Ruth nur noch selten sehen.

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Marcel und Adriana Ospel, Basel/Zürich

Er war Verwaltungsrat der Schweizer UBS-Bank
Tatbestand Durch Missmanagement mitverantwortlich an den Milliardenverlusten der UBS
Verlust Bis zu 70 Milliarden Franken
Heute Lebt als Rentner in der Schweiz

Diese Geschichte erzählen sich die Schweizer besonders gern: Dass die Gäste der Züricher »Kronenhalle« auf die Tische klopften, bis Marcel Ospel, 59, das Luxusrestaurant verließ. Der Mann gehört zu den gehasstesten Menschen der Schweiz, seit er erst die UBS ruinierte, dann 70 Milliarden Franken Staatshilfe annahm und auf 22 Millionen Franken Abfindung bestand. Interessant ist, dass die Geschichte so nie stattgefunden hat, sagen Mitarbeiter der »Kronenhalle«. Richtig ist, dass Ospel sich nicht mehr in seinen Stammlokalen in Zürich und seinem Wohnort Wollerau blicken lässt und Veranstaltungen meidet. Angeblich hat er auf einen Teil der Abfindung erst verzichtet, als eine Basler Fasnachtsgesellschaft drohte, ihn nicht mehr als Trommler beim Umzug zuzulassen – für einen gebürtigen Basler eine der schlimmsten Strafen überhaupt.

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Björgólfur T. Björgólfsson und K. Olafsdottir, Reykjavik

Er war Unternehmer sowie ehemaliger CEO und Besitzer der isländischen »Landsbanki«
Tatbestand Durch Missmanagement mitverantwortlich am Zusammenbruch der Landsbanki
Schaden Mindestens 3,5 Milliarden Euro
Heute Sein Privatvermögen wird noch auf eine Milliarde bewertet, obwohl er eine Milliarde verloren hat. Macht sich in London einen schönen Lenz. Ermittlungen laufen

Im Mai erschien ein Bild in der isländischen Presse, das Thor Björgólfsson, 42, und seine Frau Kristín Olafsdottir, 38, zeigt, wie sie auf der Yacht des Microsoftgründers Paul Allen eine wilde Party feiern. Der Zorn der Isländer entlud sich im Internet: »Die Menschen unserer Insel schämen sich dafür, diese Leute
zu kennen.« Kommentare voller Hass überschwemmten das Internet. Björgólfsson war als Chef der Landsbanki maßgeblich am Untergang der isländischen Volkswirtschaft beteiligt. Zuvor schaffte er Hunderte Millionen in Devisen in Sicherheit und überließ das Land seinem Schicksal. Der Preis dafür: ewiger Zorn des isländischen Volkes.

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David und Karen Weinreb, New York

Er war Verkäufer von Wirtschaftsinformationen bei Bloomberg und Investor Tatbestand Hat private Anleger betrogen
Schaden Zwölf Millionen Dollar
Heute Nach zwei Jahren Gefängnis jetzt wieder frei

Karen Weinreb, 41, brachte ihre Söhne zur Privatschule in der Villengegend Bedford bei New York, als die Mutter eines Klassenkameraden ihr zuraunte: »Ist dir klar, dass es alle wissen?« Zwar hatte David Weinreb, 34, eine vergleichsweise geringe Summe von zwölf Millionen Dollar ergaunert, trotzdem musste er ins Gefängnis und seine Frau mit den drei Kindern in eine Mietwohnung, das Geld reichte auch nicht mehr für die Privatschule. Der Geldadel Bedfords kickte sie unbarmherzig aus seiner Mitte. Einladungen zu Wohltätigkeitsveranstaltungen blieben aus, andere Mütter wollten ihre Kinder nicht mehr mit den Weinreb-Söhnen spielen lassen. Die soziale Ächtung verarbeitete sie in einem autobiografischen Roman, der im Juli unter dem Titel The Summer Kitchen erschien. Das Ehepaar Weinreb ist inzwischen geschieden.