Wir fuhren Auto. Ich musste bremsen. Im hinteren Fußraum des Autos polterte eine leere Flasche herum.
»Ist das etwa immer noch . . ?«, fragte Paola.»Ja«, sagte ich.
»Willst du die nicht langsam . . ?«
»Ja, ja.«
Wir waren mit dem Kanu über den See gefahren und hatten beim Fischer Renkensemmeln gekauft, dazu ein Bier. Die Renkensemmeln hatten wir gleich vorm Haus des Fischers gegessen, das Bier nicht ganz leer getrunken, deshalb nahmen wir es mit ins Boot. Im Bootsschuppen wollte Paola die Flasche in den Müll werfen.
»Es ist eine Pfandflasche, gib sie mir«, sagte ich.
»Damit sie wieder wochenlang im Auto liegt?«
»Nein, ich gebe sie zurück, 15 Cent, ist auch Geld.«
Nun lag die Flasche im Auto, seit zwei Wochen. Ich nahm sie, als wir zu Hause waren, heraus und legte sie in den Keller. Dort verbrachte sie zwei weitere Wochen. Dann brachte ich sie zum Supermarkt. Der Pfandflaschenautomat aber akzeptierte sie nicht. Nun liegt sie wieder im Keller. Wohin mit ihr? Vielleicht mache ich wieder eine kleine Bootstour, nur wir zwei, meine leere Flasche und ich? Bruno, mein alter Freund, hat ein Experiment gemacht: Er hat einige Pfandgläser, die kein Automat wollte, in eine Plastiktüte gesteckt und neben den Mülleimer am Taxistand vor seinem Haus gestellt. Dann hat er vom Fenster aus die Tüte beobachtet. Es habe keine fünf Minuten gedauert, sagt er, da sei die Tüte weg gewesen.
Ich musste an diese Geschichte denken, als ich las, die SPD wolle, dass jedem, der keine Steuererklärung abgebe, vom Staat 300 Euro gezahlt würden. Das Pfandflaschenprinzip in der Politik: erwünschtes Verhalten finanziell belohnen. Mit der Abwrackprämie bereits in großem Stil praktiziert. Warum weiten wir das nicht aus? Jeder Hundebesitzer zum Beispiel, der Hundekot gut verpackt in einer Hundehaufensammelstelle abliefert, bekommt dafür eine Prämie.
Das Hundehaufenproblem wäre in kürzester Zeit gelöst, weil nämlich (genau wie in jedem Park Pfandflaschensammler unterwegs sind) hinter jedem Hundebesitzer unauffällig ein Hundehaufensammler gehen würde, auf der Suche nach einem Zusatzverdienst. Finanzieren ließe sich das durch eine Hundesteuererhöhung für reiche Hunde.
Bruno sagt, er würde seinen Hundekot neben den Mülleimer am Taxistand legen. Wenn er einen Hund hätte.
Wir fuhren Auto. Ich dachte, wie es wäre, man würde in Zukunft nicht mehr Raser bestrafen, sondern Leute belohnen, die sich an die Geschwindigkeitsregeln halten, per Scheck-Übersendung nach Radarkontrolle. Jeder Pädagoge weiß um die Wichtigkeit des Lobes in der Erziehung, warum setzen wir das politisch nicht um? Wer richtig parkt, könnte sich, je nachdem wie lange er sein Auto stehen ließe, Münzen aus einem Automaten ziehen, alles bezahlbar durch Einsparung des uniformierten Kontrollpersonals.
Dann kam im Autoradio ein Bericht über Pläne, die Kfz-Kennzeichen in Deutschland zu reformieren. Zum Beispiel wird daran gedacht, jedem Auto ein Kennzeichen auf Lebenszeit zu verleihen und die Ortsangaben auf den Schildern abzuschaffen. WAS? Die Ortsangaben auf den Schildern abzuschaffen?
Haben diese Menschen keine Kinder? Mit denen man heute noch auf langen Fahrten geografisch bildende Ratespiele macht: Was bedeutet OVL? Und wo liegt das Obere Vogtland? Haben diese Menschen
keinen Sinn für die große Freude, die es einem Bamberger bereitet, jahrelang ein Kennzeichen wie »BA-BY« zu besitzen? Die ein Ansbacher daran hat, dass er das Zeichen »AN-AL« führt? Will man uns auch noch das kleine Vergnügen nehmen zu behaupten, das Zeichen für Winsen/Luhe, also WL, bedeute »Wilder Landwirt«, jenes für Tuttlingen (TUT) »Träge Und Trunken«, das für Rügen (RÜG) »Rast Überall Gegen« und das für Halle (HAL) »Hirn-
amputierter Am Lenker«?
Illustration: Dirk Schmidt