Das Beste aus aller Welt

Öl, Wind, die Fußball-Weltmeisterschaft - alles ist immer am falschen Ort. Unser Autor über ein Weltgesetz, das schon viel Unheil angerichtet hat.

Eines der größten Probleme der Welt ist, dass die Dinge nicht dort sind, wo sie hingehören. Nehmen wir den Winter. Im Winter ist es kalt. Der Mensch hätte es gern warm, er müsste sich dringend mal die Sonne auf den Pelz scheinen lassen; das geht aber nicht, weil Kälte herrscht. Ausgerechnet dann, wenn wir am dringendsten Wärme bräuchten, im Winter nämlich, herrscht Kälte! Das ist absurd.

Was tut der Mensch? Er heizt. Womit heizt er? Beispielsweise mit Öl. Woher kommt das Öl? Es kommt aus Ländern des Südens, dem Emirat Katar etwa, einer Gegend, in der so erbarmungslose Hitze herrscht, dass Heizen mit Öl Selbstmord wäre, man würde im eigenen Schweiß verkochen. Die Hitze im Emirat Katar ist so groß, dass man dort vor allem im Sommer nicht Fußball spielen kann, was insofern ein Problem ist, als Katar im Sommer des Jahres 2022 Veranstalter der Fußball-Weltmeisterschaft sein soll.

Als den Fußball-Weltverband die bestürzende Nachricht ereilte, dass es in Katar zu heiß zum Fußballspielen ist, war es zu spät: Die WM war bereits dorthin vergeben. Ganz ähnlich war es ja übrigens mit den Olympischen Winterspielen 2014, die in Sotschi abgehalten werden sollen. Zwar sprach sich irgendwann im Olympischen Komitee herum, Sotschi sei ein Badeort am Schwarzen Meer, der auf dem gleichen Breitengrad wie Nizza liege, einer Stadt, die, wie man hört, nicht zu den Zentren des Wintersports gehört. Aber da war die Entscheidung schon für Sotschi gefallen, was zur Folge hat, dass in diesen Tagen 450 000 Kubikmeter Schnee in höheren Lagen des Kaukasus unter großen Planen eingebunkert werden, als Vorrat für 2014, damit dann im milden Schwarzmeerfrühling Winterspiele stattfinden können.

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Wo waren wir? Genau: Alles ist immer am falschen Ort. Das Öl aus Katar zum Beispiel muss mit Schiffen nach Europa gebracht werden. Schiffe fahren auf dem Meer, wobei nun das Problem auftritt, dass in der Nordsee immer mehr Windkraftanlagen gebaut werden, um welche man die Schiffe herummanövrieren muss. Mit dem Wind wird auf dem Meer Strom erzeugt, der aber nicht auf hoher See benötigt wird, sondern im Süden Deutschlands, wo es nicht genug Wind gibt, weshalb dieser Strom über gigantische Stromtrassen durch Deutschland dorthin gebracht werden muss, solche mit oberschenkeldicken Kabeln und riesigen Masten, die dort, wo sie gebaut werden, auch keiner braucht. Aber es geht nun mal nicht anders.

Anderes Beispiel jetzt: Zypern. Zypern hatte, wie wir hören, einen »überdimensionierten Bankensektor«, für Zypern hätten im Prinzip ein paar kleinere Filialen der Stadtsparkasse Bad Schwürbelbach ausgereicht. Richtig wäre also gewesen, den zyprischen Bankensektor sorgsamer zu dimensionieren, Liechtenstein ist da ein schönes Vorbild, auch die Schweiz. In der Schweiz gibt es viel Geld, auch leben viele Bankfachleute dort, dann ist es nur logisch, dass man da auch viele Banken hat, oder? Jedenfalls haben Banken Zypern ruiniert, weil sie nicht da waren, wo sie hingehören.

Im Emirat Katar wird nun überlegt, die Fußball-WM in den Winter zu verlegen, weil es zu dieser Zeit auch dort etwas kühler ist. Fachleute wenden ein, Katar habe die Veranstaltung nur für den Sommer zugesprochen bekommen, weshalb man dann die WM auch gleich ganz woanders veranstalten könnte, in Sotschi etwa, wo im Winter angenehme Temperaturen herrschen, oder in Alaska, wo man im Winter nicht Fußball spielen kann, aber das kann man im Sommer in Katar ja auch nicht. Doch das wird nicht passieren, glaube ich, weil das Emirat Katar dank seines Öls schon genug Geld hatte, sich die WM zu verschaffen. Da wird es auch reichen, die WM nicht wieder wegzugeben.

Denn es sind ja nicht nur die Kälte, das Öl, der Wintersport, der Fußball, der Wind und die Banken immer dort, wo sie nicht hingehören. Es ist vor allem auch, wie jeder weiß, das Geld nie da, wo es wirklich gebraucht würde.

Illustration: Dirk Schmidt