In Zürich ist das Konzept der »essbaren Stadt« beschlossen worden, das heißt, ab dem Frühjahr 2014 werden Verkehrsinseln und Rabatten in der Nähe von Trambahnstationen nicht mehr mit Blumen, sondern mit sogenannten »Nutzpflanzen« ausgestattet: Grünkohl, Lauch, Fenchel und so weiter. Die Bewohner Zürichs sollen sich an diesem Gemüse jederzeit bedienen können. Sie sind aber auch aufgefordert, die Beete zu hegen und zu pflegen und so ihr Gemeinschaftsgefühl zu stärken.
Großartiger Gedanke, nicht wahr? Dass man das Prinzip des Schrebergartens endlich mal auf eine richtige Großstadt ausdehnt!
Ernährung aus den Früchten der eigenen städtischen Scholle. Tägliche Arbeit im Stadtgarten. Dieses neu erblühende nachbarschaftliche Leben! Das Verbindende.
Ich habe gestern mit Interesse gesehen, dass Sie sich schon wieder Tomaten aus dem Beet an der Ecke genommen haben, Herr Müller-Mägerlein. Aber beim Unkrauthacken sind Sie nie anzutreffen!
Erneut haben Sie eine lebende (!) Nacktschnecke in die Restmülltonne (!) geworfen, Frau Schnullmeier, wissen Sie denn nicht, dass auch die Nacktschnecke ein Geschöpf des Herrn ist und ihr Leben führen möchte? Man sollte Sie auch mal in die Tonne schmeißen, damit Sie spüren, wie das ist.
Und möchte ich Ihnen, sehr geehrte Stadtverwaltung, zur gefälligen Kenntnisnahme die Tatsache empfehlen, dass einerseits im Restaurant Zur fröhlichen FrugivorIn schon wieder Porree-Wochen sind, während ich andererseits aus meinem Fenster nun seit Wochen auf ein abgeerntetes Porree-Rondell blicke. Wann wird hier endlich umgegraben? P. S.: Die Stiefmütterchen früher waren schöner.
Auch ist darauf hinzuweisen, Euer Ehren, dass die Schwermetallbelastung im Körper meines Mandanten in den vergangenen Jahren um mehrere hundert Prozent gestiegen ist, seit er sich nämlich vorwiegend aus der Verkehrsinsel am Henry-Morgenthau-Platz ernährt. Da hier trotz wiederholter schriftlicher (!) Mahnungen seitens des Klägers nie ein Warnschild angebracht wurde, halte ich eine Schadensersatzforderung in Höhe von drei Millionen Euro für angemessen.
Warum wird an der Ecke Fichtenweg/Zum Buchenhölzchen seit Jahren immer nur Blumenkohl angebaut? Blumenkohl, Blumenkohl, Blumenkohl! Ich hasse Blumenkohl!
Möchte die Stadtgärtnerei die liebe Anwohner/innenschaft mit diesem Rundschreiben darauf hinweisen, dass sich zwar in unserer letzten Aussendung unter der Rubrik Leckeres vom Straßenrand ein Rezept für gefüllte Zucchini-Blüten befand, dass aber, wenn nun alle Mitbürger/innen tatsächlich gefüllte Zucchini-Blüten äßen, eine nennenswerte Zucchini-Ernte nicht mehr zu erwarten wäre. Wir bedauern, diesen Hinweis unterlassen zu haben, und entschuldigen uns. In Deutschland ist das Konzept der »essbaren Stadt« vor allem in Andernach mit so großem Erfolg umgesetzt worden, dass Andernach bereits fast zur Gänze aufgegessen ist. Nun interessieren sich auch deutsche Metropolen für dieses Konzept. Berlins Bewerbung beim Internationalen Komitee Essbarer Städte ist allerdings schon gescheitert, erstens weil die Bevölkerung dort vermutlich noch vor der für das Jahr 2135 geplanten Eröffnung der ersten Kartoffelpflanzung verhungert wäre, zweitens weil die Stadt nach eingehenden Vorunter- suchungen insgesamt als »nicht zum Verzehr geeignet« bewertet wurde. In Köln kommen seit Jahren entsprechende Planun-gen nicht voran, weil immer wieder die vom Stadtbauamt errichteten Klettervorrichtungen für Stangenbohnen einstürzen. In Hamburg ist die Anlage eines Mohrrübenbeetes fürs Erste an der ungeklärten Finanzierung in Höhe von einer Milliarde Euro gescheitert.
Dafür hat jetzt in München die Delegiertenversammlung des TSV 1860 beschlossen, das Trainingsgelände der ersten Mannschaft zum Spargelanbau zur Verfügung zu stellen, um die prekäre finanzielle Situation des Klubs aufzubessern.
Illustration: Dirk Schmidt