Freitag könnte ein wunderbarer Tag sein, ja, er hat alle Anlagen zu einem der besten Tage überhaupt: Man hat die Woche hinter, das Wochenende vor sich, und wer nicht gerade Gastwirt oder Notarzt ist, beginnt mit der Erholung. Der Freitag schafft eine Brücke zwischen Arbeit und Muße, er ist ein Zwischentag. In vielen Unternehmen gibt es den Casual Friday, man arbeitet noch, trägt aber schon etwas zwanglosere Kleidung und macht ein bisschen früher Feierabend. Radio-Moderatoren nennen den Freitag gewohnheitsmäßig den »Start ins Wochenende«. Insofern ist er also etwas Besonderes, keinem anderen Wochentag vergleichbar.
Das Interessante ist nun: Der Freitag ist gleichzeitig auch ein schwieriger Tag, gefährlich sogar. Das Statistische Bundesamt sagt, freitags passierten die meisten Verkehrsunfälle, zwischen 13 und 18 Uhr, um genau zu sein, das ist auch in anderen Ländern so. Die Leute sind mental schon in der Hängematte, sitzen aber noch am Lenkrad, das kann zum Problem werden. Auch sagen die Zahlen, dass Herzpatienten, die freitags ins Krankenhaus kommen, länger dort bleiben müssen, wenn sie das Spital denn überhaupt je wieder in der Senkrechten verlassen. (Jedenfalls wurde das auf dem Heart Failure Congress 2013 in Lissabon berichtet.) Und von 15 Staatschefs, die per Staatsstreich an die Macht gekommen sind, sind immerhin vier an einem Freitag ins Amt gelangt. Freitag ist Putschtag.
Außerdem sind die Freitagsspiele der Bundesliga die Uninteressantesten überhaupt. Erstens spielen freitags sehr oft die schwächeren Mannschaften, die guten mussten oft unter der Woche in den europäischen Wettbewerben antreten, da haben sie freitags noch Anspruch auf Ruhe. An Freitagen fallen die wenigsten Tore, nur 2,63 im Schnitt, samstags sind es 2,93 und sonntags noch 2,76. Freitag ist der Tag der Unentschieden, an keinem anderen Tag gibt es so viele. Und würden in der Geschichte der Bundesliga nur die Freitagsspiele gewertet, wäre der 1. FC Kaiserslautern Rekordmeister, nun ja.
Übrigens behaupte ich, dass Freitag auch der Tag mit dem schlechtesten Wetter ist. Vor Jahren hat eine Forschungsgruppe an der Universität Karlsruhe das sogar wissenschaftlich nachgewiesen. Montag und Dienstag sind oft trocken und sonnenreich, Mittwoch ist es in der Regel am wärmsten, danach aber geht es bergab. Industrie und Autofahrer produzieren die Woche über große Mengen von Aerosolen und Feinstaubteilchen, am Freitag sind es schließlich so viele, dass Wolken die Sonne blockieren. Über das Wochenende hin sinken diese Partikel langsam wieder zu Boden, montags ist es dann wieder schön. So versauen wir uns mit den Folgen unseres Fleißes unter der Woche die Freizeit am Wochenende, ein Entrinnen gibt es nicht.
Nebenbei gesagt, ist freitags auch das Benzin am teuersten. Wer immer montags tankt, der spart, mit Freitags-Tankern verglichen, 3,5 Cent pro Liter. Sagt der ADAC.
Würde man den Freitag aber aus Kostengründen abschaffen (was allerdings, so weit ich weiß, nie jemand ernsthaft beabsichtigte), klaffte zwischen Donners- und Samstag plötzlich eine Lücke. Das ganze Leben müsste vierundzwanzig Stunden lang in tiefster Schwärze stillstehen, nicht schön.
Es ist also schon in Ordnung, dass es den Freitag gibt, vor allem ich persönlich bin dieser Ansicht, denn ich bin an einem Freitag geboren, ohne Freitag gäbe es mich nicht, und was das bedeuten würde, muss jeder selbst für sich beurteilen - ich fände es irgendwie schade. Außerdem erscheint diese Kolumne hier freitags, verfasst von einem einsamen Schiffbrüchigen, gestrandet auf einer Insel namens »Büro«.
Wussten Sie, dass der Gehilfe, der meinen Buchstabenvorrat verwaltet und mir die Satzzeichen reicht, Freitag heißt? Was für ein schöner Zufall, nicht wahr?
Illustration: Dirk Schmidt