Im Geschäftsleben ist es so: Eine Firma stellt etwas her und möchte es verkaufen. Um es aber verkaufen zu können, muss sie dem Produkt einen Namen geben. Da fangen die Probleme an.Nehmen wir an, es handele sich bei dem Produkt um einen der Schalter, die in Lampenkabel eingebaut sind und mit deren Bedienung, ganz nach Bedarf, der Stromlauf geschlossen oder unterbrochen wird. Die Firma nennt diese Schalter Schnurzwischenschalter. Leserin T. aber liest dieses Wort so: Schnurz-Wischen-Schalter. Sie schreibt mir und fragt, was das sei, ein Schnurz-Wischen-Schalter? Und ich grübele: Waren es die Herren Schnurz und Wischen, die den Schalter gemeinsam erfanden? Geht es um die wischende Handbewegung beim Betätigen des Schalters und das dieser Handbewegung folgende schnurzende Geräusch? Es hat eine Viertelstunde gedauert, bis ich verstand: Schnur-Zwischen-Schalter.So geht das tagaus, tagein überall. Herr P. aus München schrieb mir, ihm sei in seiner Zeit als Apothekerpraktikant mal von einem Kind ein Zettel über den Ladentisch gereicht worden, auf dem ein Medikament namens Wick-Wack-Ruck verlangt wurde. Es handelte sich um Wick Vaporub, aber ich finde Wick-Wack-Ruck oder sogar Wick-Wack-Wuck viel besser. Welche Dimension die Produktnamensproblematik im Buchhandel hat, erfuhr ich, als ein Buchhändler mir einen Notiz überreichte, mit der ein Leser ein Buch verlangt hatte. Titel und Autorenname waren aufs Reizvollste verbunden: Homo Faber mag’s frisch.Danach entdeckte ich dann zwei Bücher von Gérard Otremba, Die geheimen Aufzeichnungen des Buchhändlers und Ein weiterer Tag im Leben des Buchhändlers, in denen die Frage des unverstandenen Buchtitels ebenso ex- wie intensiv abgehandelt wird. Ich stelle hier zwei meiner Lieblingstitel vor und frage: Wer hat Frithjof der Kuschelige geschrieben, und wie heißt das Buch tatsächlich? Unter welchem Autorennamen sehen Sie nach, wenn ein Kunde das Buch Schlafes Pulver verlangt? Auflösung am Schluss.Herr L. aus Hamburg schickt mir den Tchibo-Warenkatalog vom Juni, in dem »Deutschlands angesagtester Designer«, Herr Michael Michalsky, seine extra nur für Tchibo entworfene Kollektion vorstellt, welche, um es in den Worten von Michalsky zu sagen, nicht »schräge Sachen für ein paar Weirdos« enthält, sondern eher »No-Nonsense-Mode«, also Kleidungsstücke wie (aus dem Katalog zitiert) »Surf Shorts, Beach Slippers, Hooded Sweaters, Track Tops, Jogging Minis, Tank Tops, Track Pants, Woven Belts…«L. schreibt, er habe Jahrzehnte bei der deutschen Tochter eines amerikanischen Unternehmens gearbeitet, wundere sich über gar nichts, »aber der massive Einsatz, das Einsprenkeln englischer Wörter in diesem Katalog hat mich doch überrascht«. Ist es nicht überhaupt eher ein »Einsprenkeln« deutscher Wörter in einen englischen Zusammenhang? Als jedenfalls Michalsky im Interview mit dem Satz zitiert wird, zwar seien »die 80er« seine geistige Heimat, »nur laufe ich heute nicht mehr als Boy-George-Lookalike durch Bad Oldes-loe«, da überlege ich tatsächlich, was Oldesloe auf Deutsch heißt und warum es so schlecht ist – Bad klingt hier, als verhalte es sich zu Oldesloe so ähnlich wie Old zu Shatterhand.Dann fällt mir ein, dass vor Jahren Menschen gefragt wurden, was der damalige SAT.1-Slogan »Powered by emotion« wohl bedeute. Sehr viele mutmaßten, es heiße »Kraft durch Freude«. Und dass Frau F. aus Berlin mir in einem Brief von der schönen Übersetzung des alten Marvin-Gaye-Hits I Heard it Through the Grapevine berichtete: Ich hörte es durch das Grab weinen.Das Englische ist aber auch eine schwer zu verstehende Sprache, wie eigentlich alle Fremdsprachen. Und um in diesem Zusammenhang noch mal auf Michalsky zurückzukommen: Er wird aufpassen müssen, dass in den vielen Tchibo-Filialen im Lande nicht das geschieht, was Frau Sch. mir in einer, nun ja, Mail über ihre Erlebnisse in der Wäscheabteilung eines großen Kaufhauses berichtete. Sie habe dort eine Verkäuferin gefragt, wo sie hier einen Neckholder-BH bekommen könne. (Den wollte sie unter einem Neckholder-Top tragen, früher hieß das »rückenfreies Oberteil«.).Die Verkäuferin habe ihrer zehn Meter entfernten Kollegin zugerufen: »Du, Inge, wo haben wir unsere Snackholder-BHs?«Ach ja, Stephen King hat Friedhof der Kuscheltiere geschrieben und Robert Schneider Schlafes Bruder.
Illustration: Dirk Schmidt