Die Wahrscheinlichkeit, den Jackpot an einem Bingo-Automaten zu gewinnen, liegt bei eins zu 2,5 Millionen. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Verkehrsunfall zu sterben, ist deutlich höher: eins zu 15 000. Dass das eine irgendwie zum anderen führt, ist fast unvorstellbar. Aber was sind schon Wahrscheinlichkeiten?
Als Marco Sutalo* am Freitag, dem 4. November 2011 gegen 20 Uhr die Spielbank Wiesbaden betritt, hat er 1000 Euro dabei, um sein Glück herauszufordern, das ihn in letzter Zeit scheinbar verlassen hat. Er ist Elektroinstallateur, seine Firma hat momentan kaum Aufträge, er kann seine Mitarbeiter nicht bezahlen. Am Nachmittag erst musste er das Auto seines Sohnes verkaufen. Für den Audi A4 mit Motorschaden bekam er noch 2000 Euro.
Am Abend bittet er seinen Sohn, ihn zum Casino zu fahren. Er fährt nicht selbst, er weiß, dass er Alkohol trinken wird. Sutalo, 48, war seit 2008 insgesamt 107 Mal hier, wird später im Polizeibericht stehen. Und er hat öfter gewonnen: mal 130 000 Euro, mal 48 000 Euro.
An der Bar bestellt er Rotwein, mit den Angestellten ist er per Du. Im Raum vor ihm: einarmige Banditen, Pokermaschinen, sie heißen »Cash Express« oder »Money Heat« und blinken grellbunt wie die Fahrgeschäfte auf einem Volksfest. Die Spielbank Wiesbaden, eines der traditionsreichsten Casinos in Deutschland, hat zwei Gebäude: das Kurhaus mit klassizistischen Säulen vor dem Eingang und Roulettetischen drinnen, und das Automatenspielcasino nebenan; schwarzer Teppichboden, blaue Jalousien vor den Fenstern. Die Luft riecht süßlich, an die Decke sind goldene Sternzeichen gemalt.
Wie immer spielt Sutalo am Bingo-Automaten, eine Art Lotto. Die Zahlen tippt er so, dass sie auf dem Bildschirm die Form eines Kreuzes ergeben. Es nimmt immer die gleichen Zahlen: 13, 14, 15 in der Horizontalen und 4, 14, 24, 34, 44, 54, 64, 74 in der Vertikalen. Als um 1.35 Uhr sein Automat plötzlich zu leuchten beginnt, spielt Sutalo gerade an einem anderen Gerät. Erst eine Minute später bemerkt er die Meldung auf dem Bildschirm: »Gratulation Jackpot gewonnen – 514 242,06 Euro.«
Er trommelt mit den Fäusten auf den Hocker, schreit: »Jackpot! Danke, Gott!«, die anderen Gäste applaudieren. Es ist der Beginn eines Tages, der ihn reich, aber nicht glücklich machen wird.
Etwa fünf Stunden später, frühmorgens in Zagreb, Kroatien. Die Familie Radosovic* steigt in ihren schwarzen 5er-BMW. Sie haben Urlaub in der alten Heimat gemacht und wollen nun zurück nach Duisburg, wo sie seit 22 Jahren leben. Vorn sitzen Ante Radosovic, 56, der eine Import-Export-Firma betreibt, und seine Frau Marta, 54, hinten der 17-jährige Sohn Luka.
Sie fahren den ganzen Samstag durch, mehr als 13 Stunden, etwa tausend Kilometer – bis am Abend auf der A3 kurz nach Frankfurt plötzlich zwei Lichtkegel vor ihnen auf der Überholspur auftauchen. Die Radosovics fahren 160 Stundenkilometer, das Auto, das ihnen entgegenschießt, auch. Zum Ausweichen bleibt keine Zeit.
Ante Radosovic wird in seinem Wagen eingeklemmt und stirbt noch am Unfallort. Seine Frau Marta und sein Sohn Luka werden verletzt ins Krankenhaus gebracht.
Aus dem anderen Auto, einem silberfarbenen VW Touareg, klettert aus der Beifahrertür: Marco Sutalo, der Jackpot-Gewinner. Noch bevor die Polizei am Tatort eintrifft, verschwindet er in der Nacht. Helikopter mit Wärmebildkameras werden nach ihm suchen. Der Verdacht der Ermittlungsbehörden: Mord. Weil sie davon ausgehen, dass Sutalo absichtlich auf der Autobahn gewendet hat, womöglich mit Suizidgedanken. In den Zeitungen wird er in den nächsten Tagen der »Geisterfahrer-Killer« genannt.
August 2012, neun Monate nach dem Unfall. Marco Sutalo sitzt im Büro seines Anwalts und zündet sich die fünfte Zigarette in einer halben Stunde an. Unter seinen Augen zeichnen sich dunkelgraue Ringe ab. »Ich kann nachts nicht schlafen«, sagt er. Der Unfall lässt ihm keine Ruhe. Er hat 15 Kilo zugenommen. Wenn er nachts nicht schlafen kann, geht er zum Kühlschrank. Und natürlich macht er sich Vorwürfe: »Was habe ich nur angerichtet?«
Sutalo ist ein wuchtiger Mann, Handwerker, das sieht man an seinen kräftigen Händen. Die obersten drei Hemdknöpfe trägt er offen, um den Hals blitzt ein goldenes Kreuz. Geboren wurde er in Sinj, Kroatien, aber er spricht breites Frankfurterisch. »Isch hab mein Lebe lang geschafft«, sagt er, als er von sich erzählt. Aufgewachsen ist Marco Sutalo in Frankfurt-Fechenheim, einem Arbeiterviertel am östlichen Stadtrand. Braune Mietshäuser, Gewerbegebiet. Seine Eltern waren von Kroatien nach Deutschland gezogen, als er vier Jahre alt war. Er besucht das Wirtschaftsgymnasium, wirft aber hin, als die Eltern sich scheiden lassen, und fängt als einfacher Hilfsarbeiter in einem Betrieb für Elektroinstallationen an. Die Arbeit liegt ihm, bald schon darf er Projekte leiten. 1994 gründet er seine eigene Firma. Die Geschäfte laufen gut, er stemmt Millionenaufträge, zwischenzeitlich trägt er Verantwortung für 24 Angestellte. Er arbeitet auf Bauvorhaben von Aldi, dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden und der Lufthansa. »Ich bin ein ungelernter Kerl, der sich hochgearbeitet hat«, sagt er, und für einen Moment spürt man den stolzen, selbstsicheren Mann, der er mal war.
Das Geschäft ist dann irgendwann schwieriger geworden. Auftraggeber haben sich verkalkuliert oder ihre Rechnungen nicht bezahlt. Sutalo musste Insolvenz anmelden, hat danach zwar einen neuen Betrieb aufgebaut, doch die Zeiten blieben schwierig. Zuletzt musste er einen Kredit über 40 000 Euro aufnehmen. Und dann wurde in einer Nacht alles anders.
»Mit dem Jackpot war die Welt auf einmal in Ordnung«, sagt er. »So viele Endorphine kann man gar nicht haben. Wenn jemand gesagt hätte, flieg irgendwo hin, hätte ich angefangen zu flattern.«
Er und sein Anwalt haben versucht zu rekonstruieren, was passiert ist in den 19 Stunden zwischen Jackpot-Gewinn und Autounfall. Wo er überall war. Welche Menschen er getroffen hat – auf einer etwa 450 Kilometer langen Fahrt.
*Alle Namen von der Redaktion geändert
Eine Stunde nach dem Gewinn
Eine Stunde nach seinem Gewinn, so gegen halb drei Uhr nachts, verlässt Marco Sutalo die Spielbank in Wiesbaden mit einem Scheck über 400 000 Euro in der Tasche. 100 000 hat er in bar ausgezahlt bekommen, in 500-Euro-Scheinen. Den Rest des Jackpots, 14 242 Euro, lässt er als Trinkgeld für die Angestellten des Casinos da. Seine Frau und sein Sohn sind bei ihm, er hat sie nach dem Gewinn sofort angerufen. Er will jetzt mit ihnen feiern. Und er will niemandem mehr etwas schuldig sein.
Als Erstes fahren die drei zu Marco Sutalos Mutter nach Frankfurt. Sutalo fährt nicht selbst, er weiß, dass er getrunken hat, vielleicht weitertrinken wird. Sein Sohn sitzt hinterm Steuer. Sutalos Eltern hatten immer von einem Häuschen und einem Boot in Kroatien geträumt. Auch Marco Sutalo hat diesen Traum. Er muss jetzt nicht mehr auf ihn warten. Seiner Mutter schenkt er 10 000 Euro.
Anschließend machen die Sutalos Halt an der »Trinkhalle«, wie er den Stehkiosk seiner Freundin Doris nennt; ein kleines Häuschen mit Klinkerfassade in Fechenheim, wo er groß geworden ist. Es gibt hier Zigaretten, Bier, aber auch Konservensuppen zu kaufen. An einer Wand hängt ein Schal mit der Aufschrift: »Scheiß OFC«, gemeint sind die Kickers Offenbach. Marco Sutalo kennt Doris seit fast 30 Jahren, war mit ihrem Mann in einer Klasse und ist Stammgast bei ihr. Sie trinken einen Kaffee und Marko begleicht die offenen Rechnungen seiner beiden engsten Mitarbeiter, die hier ganz in der Nähe wohnen. Insgesamt sind es mehr als 1800 Euro, die sich in den letzten Monaten angesammelt haben, auch weil Sutalo sie nicht ausbezahlen konnte. Jetzt gibt er Doris 2000 Euro. Als sie ihn fragt, woher er das Geld hat, grinst er nur. Er muss weiter. Erst mal heim nach Wiesbaden, wo sich seine Frau und sein Sohn ins Bett legen. Doch obwohl es mittlerweile acht Uhr morgens ist, kann Marco Sutalo an Schlaf noch nicht denken.
Er steigt nun allein in seinen silberfarbenen VW Touareg ein und fährt 130 Kilometer bis nach Homburg an der französischen Grenze, zu einer Baustelle, wo er die beiden Mitarbeiter abholt, deren Rechnungen er am Morgen bei Doris beglichen hat. Nun will er mit ihnen weiterfeiern. Zu einem sagt er: »Auf der Baustelle können mich alle am Arsch lecken.« Sie fahren zurück nach Frankfurt, an einer Tankstelle halten sie und kaufen Bier und Wodkafläschchen. Gegen Mittag tauchen sie bei Doris am Kiosk auf. Sutalo gibt ein paar Runden aus. Wieder Wodka. Er selbst trinkt ihn am liebsten gemischt mit Red Bull. Dafür öffnet er eine Dose, trinkt einen Schluck ab und füllt mit einem Fläschchen Moskovskaya auf. Gegen 13 Uhr verabschiedet er sich. Noch sieben Stunden bis zum Unfall.
Marco Sutalo will es jetzt noch einmal wissen. Oder runterkommen, abschalten. Was bei ihm manchmal das Gleiche ist, denn abschalten kann er am besten beim Glücksspiel. Er fährt zu einem Automatencasino in Bad Homburg, ganz in der Nähe, in Oberursel, wohnt ein Freund von ihm, dem er noch 5000 Euro schuldet, und den er später noch besuchen will. Im Casino bestellt er ein paar Gläser Rotwein, nippt aber an jedem nur, wie der Kellner später aussagen wird. Kaum zu glauben, aber er gewinnt noch einmal 13 000 Euro. Auf dem Klo bietet ihm jemand Kokain an. Er sagt nicht nein. Er fühlt sich unverwundbar. Er fliegt immer noch, obwohl er seit rund 35 Stunden nicht geschlafen hat.
Gegen 17 Uhr kreuzt er bei seinem Freund auf und gibt ihm statt 5000 Euro 6000 zurück. Die beiden stoßen an, wieder mit Rotwein. Auf der Toilette schnupft Sutalo noch ein bisschen Koks. Als er schließlich nach Hause fahren will, rät ihm sein Freund, ein Taxi zu rufen. Aber Sutalo lacht nur: »Ich habe doch einen Autopiloten.«
Es sind etwa 45 Kilometer bis zu seiner Wohnung in Wiesbaden, Landstraße, er kennt die Gegend, doch kurz vor der Stadt fährt er merkwürdigerweise auf die A3 Richtung Köln.
Was dann passiert, hat ein Augenzeuge der Polizei geschildert: Im Bereich Niedernhausen bemerkt der Zeuge ein Auto, das blinkend auf dem rechten Seitenstreifen langsamer wird, plötzlich links ausschert, einen Bogen auf die Überholspur macht und in falscher Richtung davonrast. Mit eingeschaltetem Fernlicht. Offensichtlich will Marco Sutalo seinen Irrtum korrigieren und wieder zurück auf die Landstraße. Dass er auf einer Autobahn ist, als Geisterfahrer, will er nicht gemerkt haben. In seiner Vernehmung wird er später sagen: »Ich habe nicht verstanden, warum mir plötzlich einer entgegenkommt.« Er will noch ausweichen, doch es ist zu spät: Er kracht frontal in den schwarzen 5er-BMW von Ante Radosovic, rammt danach noch ein zweites Auto. Insgesamt sind fünf Fahrzeuge am Unfall beteiligt, sechs Menschen werden verletzt, Ante Radosovic stirbt. Und Marco Sutalo macht sich aus dem Staub. Doch daran hat er keine Erinnerung, beteuert er.
Seine Flucht lässt sich deshalb nur schwer rekonstruieren. Eine Zeugin gibt später an, um halb eins, als sie im Unfallstau stand, einen Mann mit Rucksack gesehen zu haben, der auf dem Seitenstreifen entlangging. Weitere Zeugen gibt es nicht, auch keine Aufzeichnungen von Überwachungskameras. War es der Schock? Der Alkohol? Das Adrenalin? Oder konnte es Marco Sutalo vielleicht einfach nicht ertragen, dass der größte Tag in seinem Leben so bitter enden sollte? Womöglich wird sich das nie mehr klären können. In der Unfallmedizin spricht man von anterograder Amnesie, wenn Unfallopfer nach einem Trauma Gedächtnisverluste erleiden.
»Es kann sein, dass ich einen Unfall verursacht habe.«
Seine Erinnerung an die Unfallnacht setzt erst wieder am Sonntagmorgen ein, als er bei einem seiner beiden Mitarbeiter auf der Couch aufwacht – in Frankfurt. Gegen fünf Uhr früh sei er dort aufgetaucht, ziemlich betrunken, erzählt ihm sein Mitarbeiter. Sutalos Hose ist bis zum Knie mit Dreck verkrustet. Sein Oberkörper schmerzt, die Ärzte werden später ein gebrochenes Brustbein, sechs gebrochene Rippen und ein Schädel-Hirn-Trauma feststellen. Er muss jetzt ahnen, dass etwas Furchtbares geschehen ist. Er ruft seinen Anwalt an, der schaut im Internet, liest von dem tödlichen Geisterfahrerunfall auf der A3 und rät Sutalo, zur Polizei zu gehen. Um 11.35 Uhr betritt er das 7. Polizeirevier in Frankfurt-Fechenheim und sagt zu den Beamten: »Es kann sein, dass ich einen Unfall verursacht habe.«
Er wird in ein Krankenhaus gebracht und dann ins Gefängnis. Sieben Wochen sitzt er in Untersuchungshaft, bis man ihn nach Hause lässt, weil die Staatsanwaltschaft nicht mehr von Vorsatz, also von Mord ausgeht, sondern von fahrlässiger Tötung. Strafrechtlich ein großer Unterschied.
Die Frage ist: Wie geht er selbst mit dem Unfall um? Mit der Tatsache, dass er einen Menschen getötet hat?
Im Büro seines Anwalts rutscht Marco Sutalo bei dieser Frage auf seinem Stuhl hin und her, noch eine Zigarette, diesmal keine Marlboro, sondern eine Selbstgedrehte. »Das habe ich im Gefängnis gelernt«, sagt er, lächelt kurz, und wird wieder ernst: »Es war keine Absicht«, sagt er. »Normalerweise fahre ich in einem Stück nach Kroatien, so wie das Unfallopfer vermutlich auch.«
Marco Sutalo kann bis heute nicht verstehen, was an diesem Abend auf der A3 passiert ist, warum sein »Autopilot« versagt hat, warum er sich davongemacht hat. »Ich bin der Erste, der sagt: So einen gleich einsperren. Ich war immer ein hilfsbereiter Mensch.«
Seine Frau kommt ins Anwaltsbüro, sie will ihn mit dem Auto abholen, nach dem Unfall hat er seinen Führerschein freiwillig abgegeben. Wir vereinbaren, mit ihnen ins Casino nach Wiesbaden zu fahren, wo alles begann.
Im dem weißen Audi A6 quattro, der vor der Kanzlei parkt, riecht es noch nach Neuwagen. Sutalo hat ihn erst kürzlich gekauft, von seinem Jackpot-Gewinn. Die Autobahn führt am Frankfurter Flughafen vorbei, er zeigt auf einen riesigen ovalen Geschäfts- und Hotelkomplex: »Auch da habe ich die Elektronik verlegt«, sagt er. Zurzeit arbeitet er für die Firma seines 18-jährigen Sohnes, auch der macht Elektroinstallationen. »Ich bin gerade dabei, neue Aufträge für uns zu akquirieren«, sagt Marco Sutalo. »Es muss ja irgendwie weitergehen im Leben.« Im Radio läuft: »Ich düse, düse, düse, düse im Sauseschritt.«
Kurz vor Wiesbaden bittet er seine Frau noch ein Stück weiterzufahren, die A3 hoch Richtung Niedernhausen, er will zeigen, wo es geendet hat, doch kurz vor dem Unfallort entscheidet er sich dann doch anders, wischt sich mit der Hand übers Gesicht, zündet sich eine Zigarette an; seine Frau fährt von der Autobahn ab. Die restlichen Kilometer nach Wiesbaden schweigt er. Sein Anwalt wird in einem späteren Gespräch sagen: »Der Marco hat sich der Situation noch nicht gestellt, bei ihm findet eine große Verdrängung statt.«
Der Mann, den er getötet hat, liegt in Kroatien begraben. Marta Radosovic hat ihren Ehemann in der alten Heimat beigesetzt. Über den Unfall kann sie auch ein Jahr später noch nicht sprechen. »Da wird mir schlecht«, sagt sie. Sie fährt kaum noch Auto, wenn ihr ein Wagen entgegenkommt, schießt die Panik in ihr hoch. Und es schmerzt sie, dass Marco Sutalo sich noch nicht bei ihr gemeldet hat, kein Brief, keine Entschuldigung. Auch kein Geld.
Marco Sutalo sagt: »Es tut mir so leid um die Familie. Ich habe Schuldgefühle, und ich will mich auch entschuldigen, aber ich finde einfach keine Worte. Ich weiß nicht, wie ich an die Leute herantreten soll. Und ich habe Angst, dass mir die Witwe nicht glaubt.«
Er will einen Brief schreiben. Irgendwann.
Und das Geld?
Marko Sutalo zuckt mit den Schultern. »Da ist nicht mehr viel da. Ich habe die Firma meines Sohnes saniert, dass man wieder richtig arbeiten kann.«
Hat er das Geld mal verflucht? »Natürlich«, sagt er. »Ich denke oft, dass alles besser so wie vor dem Jackpot wäre.«
Der Prozess gegen ihn wird voraussichtlich erst im Sommer 2013 beginnen. Eine Gutachterin hat ihm inzwischen eine eingeschränkte Schuldfähigkeit attestiert, sprich: Sutalo wusste offenbar kurz vor dem Unfall nicht, was er tat. Er war wohl zu betrunken, hatte zu viel gekokst in dieser Nacht, auch wenn die Polizei bei seiner Festnahme am nächsten Tag keinen Alkohol mehr in seinem Blut nachweisen konnte, nur das Kokain.
Ins Casino geht Marco Sutalo immer noch ab und zu. Als hoffe er darauf, dass das Glück irgendwann zurückkommt.
Illustrationen: Matthew Woodson