SZ-Magazin: Professor Levine, was beschreibt Ihre Truth-Default-Theorie?
Timothy R. Levine: Es geht grundsätzlich darum, dass es uns in unserer ganz alltäglichen Kommunikation nicht in den Sinn kommt, dass andere Menschen uns täuschen könnten. Das heißt nicht, dass wir alles glauben müssen. Aber wir haben die stark ausgeprägte Tendenz dazu, ein Art Voreinstellung, wenn Sie so möchten: Wir gehen davon aus, dass wir es glauben können. Ich nenne diese Voreinstellung für unsere Kommunikation den truth default.
Woher kommt diese Grundeinstellung, erst einmal alles zu glauben?
Alles, was wir als Art Mensch erreicht haben, unser ganzer Erfolg geht darauf zurück, dass wir mit anderen Menschen zusammenarbeiten. Um zusammenzuarbeiten, müssen wir miteinander kommunizieren. Um dazu in der Lage zu sein, müssen wir davon ausgehen, dass unser Gegenüber verstanden werden möchte. Das wiederum bedeutet, dass wir nicht alles dauernd in Frage stellen können. Für Sie wäre es doch zum Beispiel ziemlich sinnlos, mit mir über die Truth-Default-Theorie zu sprechen, wenn Sie nicht annähmen, dass es ein für Sie informatives Gespräch wird und ich Ihnen die Wahrheit sage.