Im Bild: Zwei Angler bei München
Milan, 56, Bürstenschnitt, blaue Latzhose zu Gummistiefeln, ist ein Hartz-IV-Angler. Bei gutem Wetter steht der gebürtige Kroate an einem Seitenarm des Landwehrkanals, nur ein paar Meter neben dem "Club der Visionäre", einem Treffpunkt der Berliner Technoszene. Während eine paar Partytouristen aus Schweden mit Bier auf die kommende Nacht anstoßen, zieht Milan einen frischen Wurm auf den Haken.
"Lieber stehe ich hier und angle, als den ganzen Tag vor dem Fernseher zu sitzen. Die jungen Leute um mich herum und die Musik stören mich nicht. Was soll ich auch machen? Seit zwölf Jahren habe ich keine Arbeit mehr. Früher bin ich LKW gefahren, doch irgendwann wurde ich krank, musste zwei Mal an der Wirbelsäule operiert werden und verlor meinen Job. Seit der Wende leben viele Menschen in Berlin ohne Arbeit, daher war es schwer, etwas neues zu finden. Ich selbst bin vor 25 Jahren nach Deutschland gezogen, damals hieß es noch DDR. Heute würde ich am liebsten wieder zurück nach Kroatien. In Deutschland ist alles so teuer geworden, selbst das Brot beim Türken. Fisch kaufe ich mir nie. Manchmal habe ich Glück und fange einen Zander oder Aal, die mag ich gerne, doch wegen der vielen Angler, die in den letzten Jahren hier zum Kanal gekommen sind, habe ich meistens Pech. Heute bin ich schon mit ein paar Plötzen zufrieden. Die koche ich in scharfer Paprikasauce."
Vom Haken in den Mund
Frischen Fisch können sich Arbeitslose kaum leisten. In Berlin angeln daher immer mehr Hartz-IV-Empfänger lieber selbst.