Ende letzten Jahres veröffentlichten wir in Heft 52/2015 Zeichnungen und Geschichten von Flüchtlingskindern, in denen sie von ihrer Flucht erzählen (hier noch einmal zum nachlesen). Daraufhin erhielten wir unzählige Leserbriefe. Besonders gefallen hat uns die Antwort einer sechsten Klasse der Dahlmannschule aus Bad Segeberg. Die Schüler des dortigen Philosophiekurses schrieben rührende Briefe an die geflüchteten Kinder. Hier zeigen wir eine Auswahl.
Yalda, 12, floh mit ihrer Familie aus Afghanistan. Weil ihre Eltern sich keinen Arzt leisten konnten, starb ihre kleine Schwester als Frühgeburt.
Die Sechstklässlerin Alina antwortete Yalda mit diesem Brief:
»Liebe Yalda,
es muss bestimmt sehr schwer für dich gewesen sein, ohne Geld aufzuwachsen. Ich kann mir das natürlich nicht vorstellen, denn ich lebe mit Geld. Außerdem habe ich so eine lange Reise noch nie gemacht. Die Reise muss bestimmt anstrengend gewesen sein. Aber im Lieferwagen zu sitzen, ohne Toilette, ist echt hart. Dass deine Schwester an einer Frühgeburt gestorben ist, tut mir sehr leid. Mit Arzt wäre das bestimmt nicht passiert. Ich finde es gut, dass deine Mutter ein Baby bekommt. Ich hoffe, dass du hier bleiben kannst. Dass du Ärztin werden möchtest, finde ich sehr schön. Ich hoffe, du wirst es schaffen.
Liebe Grüße, Alina«
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Mohammad, 11, ist Kurde. Mit seinem Vater floh er aus Syrien. Seine Mutter und seine Geschwister hat er seit über zweieinhalb Jahren nicht mehr gesehen.
Hatice, die ebenfalls Kurdin ist, schickte Mohammad diesen Brief:
»Lieber Mohammad,
ich habe gelesen, dass du Kurde bist, ich bin auch Kurdin. Ich komme aus Bingöl. Ich bin auch elf Jahre alt. Ich war sehr traurig, als ich das gelesen habe. Warst du traurig oder erleichtert, als du erfahren hast, dass ihr flüchtet? Lebst du mit deinem Vater oder deiner Mutter zusammen? Wenn du wieder an die alten Zeiten denkst, lenkst du dich ab?
Ich wünsche dir in deinem Leben viel Spaß.
Deine Hatice«
Auch Son sprach Mohammad in einem Brief sein Mitgefühl aus:
»Lieber Mohammad!
Ich habe Mitleid mit dir und wünsche, dass so lange der Krieg in Syrien ist, du bei uns bleibst. Und ich hoffe, dass du deine Mutter und deinen Bruder wieder siehst Es ist sehr traurig, was in eurem Land passiert. Ich hoffe, dass es dir bald wieder besser geht.
Dein Son«
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Gerald, 12, kommt aus Albanien. Ein Flugzeug brachte ihn nach Deutschland. Hier vermisst er seine Freunde.
Luca versuchte, Gerald mit diesem Brief aufzumuntern:
»Lieber Gerald,
es tut mir sehr leid für dich, dass du aus Albanien fliehen musstest. Aber sieh es so: alle deine Freunde sind da auch nicht mehr, sondern hier in Deutschland oder in Europa. Ich hoffe, du wirst sehr gut aufgenommen. Nun wirst du auch neue Freunde finden.
Alles Gute, dein Luca«
Und auch Finn wünschte Gerald in seinem Brief nur das Beste für seine Zukunft:
»An Gerald,
ich finde es sehr mutig von dir und deiner Familie, einfach in ein anderes Land zu fliehen. Sicherlich hattet ihr es nicht leicht und dein Vater muss viel gespart haben. Ich hoffe für dich und deine Familie, dass ihr gut aufgenommen werdet und dass du schnell in eine Schule kommst, um dort Deutsch zu lernen.
Von Finn«
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Masuma, 15, kommt aus einer Gegend Afghanistans, in der viele Taliban lebten. Aus Angst vor einer Zwangsheirat floh sie mit ihrer Familie erst in die Türkei, dann nach Deutschland.
Sarah hatte viele Fragen an Masuma:
»Liebe Masuma,
es ist sehr traurig, was du erlebt hast. Also, ich bin Sarah und elf Jahre alt. Warst du eigentlich traurig oder erleichtert, also du so plötzlich erfahren hast, dass ihr flüchtet? Ich finde es generell schade, dass man überhaupt flüchten muss... Wie lange hat es denn insgesamt gedauert, nach Deutschland zu kommen? Ich kann mir vorstellen, dass der Weg nicht so leicht war, aber du hast es geschafft. Wohnst du jetzt eigentlich in einem Dorf oder in einer Stadt? Ich wohne in einem kleinen Dorf. Ich wünsche dir trotz allem, dass du darüber hinweg kommst
Fühl dich gedrückt, deine Sarah«
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Milena, 12, kümmerte sich während ihrer Flucht aus Albanien um ihren behinderten Bruder. Ihre Großmutter ließen sie zurück, sie ist inzwischen gestorben.
Die zwölfjährige Mayline versuchte in ihrem Brief nachzuvollziehen, wie Milena sich fühlt:
»Liebe Milena,
Ich bin Mayline, bin zwölf Jahre alt und gehe in die 6. Klasse. Ich habe Respekt vor jemandem, der so etwas Schlimmes erlebt hat. Außerdem finde ich es bemerkenswert, so etwas zu erleben, mit deinem behinderten Bruder. Dass ihr eure Oma dort gelassen habt, war bestimmt nicht einfach für euch. Und die langen Fahrten waren bestimmt nicht einfach für euch, besonders für deinen Bruder. Ich stelle es mir ziemlich schlimm vor, in diesen Ballons zu wohnen. Denn auf engstem Raum zu wohnen, beansprucht bestimmt viele Nerven. Wir wohnen in einem großen Haus und ich bin es gewohnt, so viel Platz zu haben. Ich denke mal, dass es bei dir genau anders ist. Ich hoffe für dich, dass du diese schlimme Erfahrung schnell vergisst.
Liebe Grüße, deine Mayline«
Fotos: Monika Keiler und Daniel Delang