»Blut! Sperma! Tränen! Drunter tu ich’s nicht«

Der Dramatiker und Schauspieler Franz Xaver Kroetz hat ein Leben voller Erfolge hinter sich – und voller Kämpfe. Nun schreibt er an seinen Memoiren und verzweifelt daran. Ein Gespräch über seinen Jähzorn, seinen alternden Körper und den einzigen Satz in »Kir Royal«, der von ihm stammt.  

Bis vor drei Jahren lief Kroetz von Obermenzing im Münchner Westen zum Marienplatz und zurück. Jetzt plagt ihn Arthrose, aber seine Übungen zieht er noch eisern durch.

Ein Häuschen mit Garten in München-Obermenzing, die Hecken hoch, das Gras wuchernd. Kroetz’ Exfrau Marie Theres Kroetz-Relin öffnet die Tür, sie ist zu Besuch. Franz Xaver Kroetz führt in den Wintergarten, im Laufe des Nachmittags gibt es Wasser, Kaffee, selbst gemachten Apfelmost, schließlich Weißbier. Er schreibe an seinen Memoiren, sagte Kroetz kürzlich einer Zeitung, seit Jahren schon. Erste Seiten hat er dem »SZ-Magazin« nun vorab geschickt, als Diskussionsgrund­lage. In der Hauptrolle: ein gewisser Herby Kurz, der seinen Vorschuss verprasst hat und nun an der Schreibmaschine und seinem Lebensrückblick verzweifelt. Kroetz’ Lebensthema, als Roman verpackt. Als junger Mann schrieb Kroetz Stücke wie am Fließband, Arbeitertheater, klassenkämpferisch, schonungslos und derb. Sie wurden seinerzeit öfter gespielt als Brecht, Fassbinder und Bernhard. Dann, 1986, die Rolle als Baby Schimmerlos in Helmut Dietls Kult­serie »Kir Royal«. Und Kroetz fand nie mehr recht zurück in sein Schreiberleben. Die Wut und der Schmerz darüber dringen durch jede Zeile seines Schreibmaschinenmanuskripts.