»Wir sind alle ein bisschen besessen in der Familie«

Heide und Christian Schwochow sind Mutter und Sohn – und machen zusammen Filme, in denen die deutsch-deutsche Geschichte immer Thema ist. Ein Gespräch über die DDR, den Mauerfall, den neuen Film »Deutschstunde« und eine besondere Familiengeschichte.

Mutter und Sohn: Heide und Christian Schwochow im Birkenwald. Als Kind spielte Christian Schwochow hier, im Angesicht der Berliner Mauer.

SZ-Magazin: Ihr neuer gemeinsamer Film Deutschstunde, nach dem berühm­ten Roman von Siegfried Lenz, Drehbuch Frau Schwochow, Regie Herr Schwochow, kommt symbolträchtig am Tag der deutschen Einheit in die Kinos…
Christian Schwochow: Jubiläen sagen mir nichts, selbst dreißig Jahre Mauerfall nicht.
Heide Schwochow: Mir auch nicht. Aber auf die Premiere freue ich mich. Wir treffen uns vorher, es gibt ein Glas Sekt und was Kleines zu essen, und dann gehen wir zusammen ins Kino.

Dabei hat der Mauerfall für Sie schon eine gewisse Bedeutung: Sie haben in der DDR gelebt, wollten in den Westen, und die Genehmigung zu Ihrer Ausreise kam just an dem Tag, an dem die
Mauer fiel.
Heide Schwochow: Als die Mauer fiel, waren wir vollkommen zerrissen. Es war absurd zu gehen, und es war absurd zu bleiben. Eine schizophrene Lage. Wir hatten uns innerlich schon verabschiedet. Darum sind wir gegangen.
Christian Schwochow: Ich war neun, als meine Eltern 1988 den Ausreiseantrag gestellt haben, und sie haben es mir natürlich auch gleich erzählt. Ich fand es aufregend. Großes Abenteuer. Meine Eltern und ich hatten ein Geheimnis! Und ausnahmsweise durfte ich mal mit niemandem darüber sprechen. Was das allerdings wirklich bedeutet hätte: sein Land zu verlassen, die Oma nicht mehr zu sehen, darüber haben wir nicht geredet.
Heide Schwochow: Du warst ein schlauer Junge, du hast das begriffen, hatte ich zumindest das Gefühl. Alles andere hat man ein wenig verdrängt. Wir haben weiter unseren Alltag gelebt.