»Woher haben die Lakota-Indianer meine Adresse?«, fragte mein Großvater, als ich ihn vergangenes Jahr besuchte. Ich verstand nicht. Vielleicht hat er etwas durcheinandergebracht, dachte ich, immerhin ist er fast achtzig. Aber er ging zu seiner Schrankwand und holte einen gelben Briefumschlag heraus. Darauf stand: »Ein Gratis-Geschenk der Lakota-Indianer mit der Symbolik der vier Himmelsrichtungen.«
Das Geschenk war ein angeblich indianisches Perlenarmband aus vier Schnüren, auf die rote, weiße, schwarze und gelbe Kügelchen gefädelt waren. Im beiliegenden Brief fragten die Indianer meinen Großvater, ob er nicht ihr »Freund und Verbündeter« werden wolle. Sie schrieben von Armut und Not, Krankheit, Arbeits- und Hoffnungslosigkeit im Reservat in South Dakota und baten meinen Großvater, »einem hungrigen Lakota-Kind so viele warme Mahlzeiten« zu schenken, wie er sich leisten könne. Am besten noch heute. Einen Überweisungsschein hatten sie beigelegt. Unterzeichnet war der Brief von einem gewissen Pater Stephen Huffstetter, seines Zeichens christlicher Geistlicher.
Mein Opa wohnt in Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt, von den Lakota-Indianern hat er noch nie gehört, die USA kennt er nur aus Bildbänden. Für Indianer hat er sich nie interessiert, mit der Kirche hat er gebrochen, seit er vor über sechzig Jahren ausgetreten ist. »Woher haben die Indianer meine Adresse?«, fragte er mich ein zweites Mal. Eine gute Frage.
Meine Recherche beginnt bei dem Verein, der als Absender auf dem Brief genannt war: »St. Josefs Indianer Hilfswerk e. V.« Es handelt sich dabei um den deutschen Zweig einer US-Organisation, der seinen Hauptsitz angeblich nur wenige Gehminuten vom Frankfurter Hauptbahnhof entfernt hat, ein grauer Flachbau mitten im Bankenviertel. Nur: An der angegebenen Adresse finde ich keine eigene Klingel für das St. Josefs Indianer Hilfswerk. Schließlich entdecke ich die Lakota-Indianer unter dem Klingelschild von »Service + Business Center GmbH (SBC)«, die Firma vertritt nicht weniger als 82 andere Unternehmen; zwischen der »palaimon consulting GmbH« und »TTM Tabantasvir Mihan« steht das Indianerhilfswerk.
Im zweiten Stock empfängt mich Markus Bernhardt, ein junger Mann mit kurzen Haaren, schwarzer Anzughose und weißem Kurzarmhemd. Eindeutig kein Indianer. »Wir sind seit neun Jahren der Dienstleister des St. Josefs Indianer Hilfswerks in Deutschland«, sagt Bernhardt, und als Teamleiter ist er gewissermaßen der Sprecher des deutschen Indianerhilfswerks. »Wo ist Pater Huffstetter, der Mann, der meinem Opa geschrieben hat?«, frage ich.
Er komme nur selten aus den USA vorbei, erwidert Bernhardt, das letzte Mal liege schon einige Jahre zurück. Stammt denn das Perlenarmband aus dem Brief von den Indianern? Markus Bernhardt lacht: »Nein, das ist keine Handarbeit, die Geschenke kaufen wir als Massenware in Deutschland ein.« – »Wie viele aktive Vereinsmitglieder hat das St. Josefs Indianer Hilfswerk e. V. in Deutschland?«, will ich wissen. »Keine.« Was macht der Verein dann eigentlich?
An ein echtes Vereinsleben kann sich Bernhardt nicht erinnern. Doch: Vor vier Jahren gab es mal eine Ausstellung über die Lakota im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg. Im Tätigkeitsbericht steht, dass 2013 die nächste Schau geplant sei. Die meisten Antworten auf meine Fragen liest Bernhardt von einem FAQ-Sheet ab – oder er entschuldigt sich, die Fragen nicht beantworten zu können. Irgendwann gibt er zu: »Meiner Meinung nach ist der Verein nur darauf angelegt, Spenden zu sammeln.«
Deutschland ist sehr spendenfreudig. Jedes Jahr geben wir Deutschen ungefähr fünf Milliarden Euro. Hunderte sogenannter Direktmarketing-Agenturen, 5700 Callcenter und über 10 000 Adressdienstleister versuchen als Jäger die verborgenen Schätze unserer Konten zu bergen. Darum wurde 2002 die deutsche Abteilung des Indianerhilfswerks in Frankfurt gegründet. Jedes Jahr überweist Markus Bernhardt mehrere Millionen Euro nach Chamberlain/South Dakota. Fast 4,3 Millionen Euro sammelte der deutsche Indianerstamm 2008. So steht es in der »Gewinnermittlung nach §4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz« des St. Josefs Hilfswerks in Deutschland. Von den 4,3 Millionen Euro wurden 2,6 Millionen in die USA überwiesen. Nur sechzig Prozent der Spendeneinnahmen kamen also den Lakota-Kindern zugute, falls das Geld in den USA wirklich dafür verwendet wurde: Das Hilfswerk setzt die Spenden angeblich zur Unterstützung der »St. Joseph’s Indian School« im US-Städtchen Chamberlain ein, in der 200 Kinder aus Lakota-Reservaten leben und unterrichtet werden. Wie viel Geld bei den Indianerkindern tatsächlich ankommt, ist nicht nachzuprüfen. Recherchierbar ist aber, wie viel die Vereinsführung der »St. Joseph’s Indian School and Missions« in den USA für ihren Einsatz erhält: Der Präsident des Vereins, jener Pater Stephen Huffstetter, verdient jährlich 75 000 US-Dollar, sein Geschäftsführer sogar fast 160 000 Dollar, das geht aus dem Wise Giving Report der amerikanischen Verbraucherschützer des Better Business Bureau hervor.
Pater Huffstetter scheint zu wissen, wie Fundraising funktioniert, wie man also Menschen zum Spenden bewegt: dass eher für notleidende Kinder als für abstrakte Themen wie Naturschutz oder Menschenrechte gespendet wird. Dass Fotos wichtiger sind als Argumente. Und ein Bezug zu Deutschland nicht schadet: Deswegen steht im Bettelbrief an meinen Großvater auch, dass deutsche Missionare die Schule in South Dakota gegründet hätten. Neben den USA sind die Indianerfreunde auch in Frankreich, Österreich und Deutschland aktiv – in diesen Ländern gibt es nicht nur viele solvente Spender, sondern auch eine ausgefeilte Spendensammel-Industrie, auf welche die amerikanischen Indianerhelfer zurückgreifen können.
Dafür kritisieren das Watchblog CharityWatch.de und das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) den Verein. Bereits vor zwei Jahren warnten sie davor, das Indianerhilfswerk finanziell zu unterstützen. Sie beanstandeten die »zu emotionalen Mailings, die die Spender in ihrer unabhängigen und sachbezogenen Entscheidung behindern« würden, und die zu hohen Kosten für die Spendenwerbung. Es ist nämlich so: Jeder der gelben Bettelbriefe, von denen auch mein Opa einen erhalten hat, kostet den Verein einen Euro. Von den Spenden der Deutschen bleibt eine große Summe also bereits als Verwaltungskosten in Europa hängen, beim Büroservice von SBC, bei der Marketingagentur, den Adresshändlern, der Druckerei und der Deutschen Post, die am Porto mitverdient. Über eine Million Euro hat der Verein allein 2008 für diese Mailingaktionen ausgegeben.
Wie ist mein Opa in dieses System geraten?
Über eine halbe Million gemeinnütziger Vereine und mehr als 15 000 Stiftungen gibt es laut Finanzministerium in Deutschland. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist der Wettbewerb unter ihnen so hart geworden, dass nur noch die Organisationen überleben, die professionell Spenden sammeln. Aber die Anzahl der willigen Spender in Deutschland ist auf fünf bis sechs Millionen Menschen begrenzt. Je mehr Vereine um diese Geber buhlen, umso aufwendiger müssen diese um die wenigen Spender werben – mit Plakaten, Werbespots und Briefen. Wenn vor zwanzig Jahren hundert Menschen angeschrieben wurden, spendeten sechs von ihnen. Heute ist es noch einer von hundert. Deswegen kostet die Spenderakquise Jahr für Jahr mehr Geld. Ein Teufelskreis. Aber wie ist mein Opa in dieses System geraten?
Markus Bernhardt von SBC in Frankfurt zuckt die Achseln. Spezielle Marketingagenturen planen und versenden die Post von Hilfsorganisationen, im Fall des St. Josefs Indianer Hilfswerks ist das die Direktmarketingagentur Mindwize mit Sitz in Holland. Wenige Tage nach meinem Besuch bei dem falschen Indianer in Frankfurt stehe ich in einem Industriepark im holländischen Hoofddorp, einem Vorort von Amsterdam, vor einem Flachbau aus Glas – Mindwize. Die Agentur hatte vor neun Jahren vom US-Stamm der Indianerfreunde den Auftrag erhalten, eine Marketingstrategie zur Spendergewinnung auszuarbeiten. Seitdem betreut die Geschäftsführerin von Mindwize Jeanette Eesmann-Foster das Hilfswerk. Wenn sie ihre Arbeit für die Charity-Branche beschreibt, benutzt sie Worte wie »Kosteneffizienz«, »Break Even« oder »Spendenmarkt«. Eesmann-Foster trägt eine braune Bluse, einen kurzen Rock und schwarze Stiefel, auch sie wirkt nicht die Spur indianisch. Aber sie weiß immerhin, wie der Brief an meinen Opa gelangt ist: Sie hat den Einkauf des Perlenarmband-Geschenks an meinen Opa verantwortet und den Versand der gelben Briefe organisiert. Ihre wichtigste Aufgabe ist, immer wieder Deutsche zu finden, die vom St. Josefs Indianer Hilfswerk noch nicht angeschrieben wurden. Zwei Mitarbeiterinnen durchforsten dafür ständig die Angebote von sogenannten Listbrokern: Unternehmen, die Adresslisten aus Telefonbüchern, Kundendaten von Versandhändlern oder auch Abonnentenkarteien von Verlagen vermieten.
Spendensammler interessieren sich besonders für ältere Menschen. »Diese Zielgruppe gibt gern und hat genug Geld übrig, da die Kinder schon aus dem Haus sind«, sagt Eesmann-Foster. Außerdem hat die Generation 50plus gute Erfahrungen mit Einkäufen per Post gemacht, weil sie häufig bei Versandhäusern oder Teleshoppingkanälen bestellt. Auch Abonnenten von Kirchenblättern oder Lokalzeitungen sind interessant: Sie sind meist älter und ihre Adressen sind leicht zu bekommen. Am wertvollsten sind jedoch Adressen von Personen, die bereits einmal gespendet haben.
Deswegen werden diese Daten von Vereinen wie dem St. Josefs Indianer Hilfswerk wiederum selbst auf dem Adressenmarkt angeboten. So kann die Liste »St. Josefs Indianer Hilfswerk« bei verschiedenen Adressbrokern erworben werden. Ein solches Angebot liegt dem SZ-Magazin vor: Der Verein offeriert darin seinen Gesamtbestand von über 200 000 ehemaligen Spendern aus den vergangenen zwei Jahren. Tausend Adressen kosten 210 Euro. Interessenten, also Unternehmen und andere Spendensammler, können die Liste nach Geschlecht, Spendenhöhe und Region sortieren lassen, um beispielsweise nur Frauen in Bayern anzuschreiben, weil man weiß, dass die Menschen dort besonders wohlhabend sind und Frauen eher spenden als Männer. Damit verdienen Hilfsorganisationen zweimal an Menschen, die Gutes bewirken wollen: Sie nehmen ihre Spenden und erhalten durch die Weitervermittlung noch einmal zwanzig Cent für die Adresse des Spenders.
Mein Opa erfüllt ziemlich viele Kriterien, auf die Fundraiser stehen: Er abonniert eine Lokalzeitung, kauft seine Pullunder beim Versandhändler, sein Gartenwerkzeug und die Euro-Münzen für seine Sammlung auch. Und er ist als einer, der schon mal für Kinder gespendet hat, besonders interessant: Kurz nach der Wiedervereinigung spendete er zum ersten Mal, an die SOS-Kinderdörfer. Dann immer mal wieder sporadisch, mal zwanzig Euro hier, mal hundert Euro dort. Und mit jeder Spende wuchs die Zahl der Spendenpost, die in seinem Briefkasten landete. Mit seiner Briefwaage hat er vor Kurzem gewogen, wie viel Bettelpost er in nur einem Monat erhalten hat – 2,5 Kilogramm Spendensammelprosa, vor allem Kinderprojekte: SOS-Kinderdörfer, Nächstenliebe Weltweit, UNICEF, Die Schwestern Maria, Schickedanz-KinderKrebs-Stiftung, Aktion Kindertraum, Katarina-Witt-Stiftung und so weiter.
Im Internet gibt es bereits Foren, in denen sich Betroffene darüber austauschen, wie die St.-Josefs-Indianer an ihre Adressen gekommen sein könnten. Anna Z. zum Beispiel erhielt Indianerpost, nachdem sie Kundin bei einem christlichen Versandhändler geworden war; Michael K. war zuvor Spender eines bekannten gemeinnützigen Vereins; und eine Frau aus Hermsdorf berichtet über ihren Vater, der noch Werbebriefe erhielt, obwohl er seit fast zwanzig Jahren tot war – seine Adresse stand noch im Telefonbuch. Und in einem Seniorenheim im Schwarzwald bekamen alle Bewohner gleichzeitig die Spendenbriefe des Hilfswerks.
Nach Bundesdatenschutzgesetz ist es verboten, einzelne Adressen mit Zusatzinformationen wie dem Alter weiterzugeben. Etwas anderes sind sogenannte Adressenzellen aus min-destens sieben Haushalten. Diese Datensätze verletzen nicht den Datenschutz des Einzelnen und dürfen mit Zusatzinformationen gehandelt werden. Es wäre also verboten, die Adresse eines Zahnarzts in Hamburg-Blankenese mit dem Zusatz »vermögend« zu handeln – aber alle Adressen einer Straße in diesem Viertel der Besserverdienenden dürfen weitergegeben werden. Darum gleichen Listbroker die Adressen von Altersheimen mit ihren Daten ab und wissen so relativ sicher, in welchen der Tausenden Adressen einer Liste ältere Menschen leben.
Dafür benutzen Adressanbieter sogenannte Scoring-Verfahren. Manche Listbroker bieten an, nur kinderfreundliche Leute oder Menschen mit Tieren herausfiltern zu können. Andere versprechen, Adressen von Menschen mit einer bestimmten Kaufkraft und evangelischer oder katholischer Bevölkerung selektieren zu können – obwohl Informationen über die Religion laut Bundesdatenschutzgesetz ohne Zustimmung des Betroffenen nicht weitergegeben werden dürfen. Ein Datenhändler aus dem württembergischen Korntal-Münchingen bietet an, anhand der Vornamen von Adressen das Alter von Personen feststellen zu können: Denn hinter Gertrud, Waltraud oder Helga verbergen sich garantiert ältere spendenfreudige Frauen. Ein anderer schlägt vor: »Wir würden über die Daten noch einen Score drüberlegen, dann könnte man sehen, in welchen Straßen Menschen leben, die gern spenden.« Das erfahre ich von einem Adressbroker aus Taufkirchen, bei dem ich mir zum Schein und unter falschen Namen ein Angebot habe erstellen lassen.
Der Fehler meines Opas und all der Indianeropfer aus dem Internet war, gespendet, im Katalog gekauft oder eine Zeitung abonniert zu haben. Diese Daten hat das Indianerhilfswerk von den Vereinen, Versandhäusern und Verlagen über Adressbroker gemietet und ihnen über die Marketingagentur Mindwize einen ersten Bettelbrief gesandt. Spendet der Empfänger nur einmal an das Hilfswerk, gibt er den Indianerfreunden damit die Möglichkeit, ihn weiterhin anzuschreiben und seine Adresse weiterzuvermieten. »Wenn Sie an einen Verein in Deutschland spenden, müssen Sie sich nicht wundern, dass Sie infolge davon fünf bis sechs weitere Spendenanfragen bekommen«, sagt der Fundraising-Experte Stefan Loipfinger von CharityWatch.de.
Aber woher kam die Adresse meines Opas? Bisher weiß ich nur, dass weder SBC in Frankfurt noch Mindwize in Amsterdam die Adresse meines Opas jemals gesehen haben. Sie könnten mit den rohen Daten allein auch nichts anfangen, weil sie selbst keine Briefe versenden: Der Verein deligiert die Mailings an die Agentur und bei Mindwize werden die bei Adressbrokern angemieteten Adressen über Datenleitungen direkt auf die Briefumschläge in der Druckerei gedruckt.
»Für das Juni-Mailing haben wir Adressgruppen von fünf Adressbrokern angemietet«, sagt die Mindwize-Geschäftsführerin Jeanette Eesmann-Foster. In mindestens einer dieser Adresssammlungen muss der Name meines Opas gestanden haben. Nach einigen erneuten Telefonaten mit dem St. Josefs Indianer Hilfswerk erfahre ich: Der Name meines Opas ist über den Schweizer Adressdienstleister SmartAddress in das Indianermailing gerutscht. Bei der kleinen Firma in St. Gallen verdienen acht Mitarbeiter ihr Geld damit, Adressen zu sammeln. Woher diese Daten stammen, hält SmartAddress jedoch geheim.
Jeder Deutsche hat das Recht zu erfahren, woher ein Unternehmen seine Adresse bekommen hat. Über ein Formular auf der Webseite von SmartAddress fordern mein Opa und ich gemeinsam diese Information an. Nach zwei Wochen erhält er einen Brief. Seine Daten wurden »aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen«, teilt ihm SmartAddress mit. So eine Quelle könne das Internet, das Telefonbuch oder das Gemeinde-Adressverzeichnis sein. Nach allem, was man über die Fundraising-Industrie weiß, klingt das äußerst unwahrscheinlich: Irgendwelche Adressen ohne Zusatzinformationen würde kein Spendensammler anmieten. Eine Adresse wird ja erst wertvoll, wenn der Broker garantieren kann, dass sich hinter ihr ein Spender oder wenigstens ein alter Mensch verbirgt. Und das steht nicht im Telefonbuch.
Auch auf Nachfrage wird SmartAddress nicht konkreter. Der Geschäftsführer schreibt mir: »Die Erhebung der Adressdaten stellt ein Geschäftsgeheimnis dar, über das wir aus verständlichen Gründen keine Auskunft geben können.«
Eine Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten in der Schweiz empfiehlt, gegen die Firma wegen Verletzung der Privatsphäre zu klagen. Sie macht uns aber gleichzeitig wenig Hoffnung: Das Schweizer Datenschutzgesetz sei an dieser Stelle einfach unbefriedigend. Eine Klage wäre meinem Opa dann auch zu aufwendig. Genau darauf hoffen Unternehmen wie SmartAddress.
Ihre Auftraggeber kennen die Adresshändler meist gar nicht, und umgekehrt. Auch Pater Stephan Huffstetter aus dem Indianerreservat hat noch nie von SmartAddress gehört, das lässt er mir von seinem Geschäftsführer mitteilen. Bei dieser Gelegenheit möchte er sich gern bei den deutschen Spendern bedanken: »Ihre Unterstützung ist herzerwärmend. Dafür sind wir Ihnen dankbar.« Meinem Opa muss er nicht danken. Er hat nichts an die St.-Josefs-Indianer gespendet. In Zukunft gibt er nur noch der Krebsgesellschaft Sachsen-Anhalt etwas von seiner Rente ab. Die restlichen Briefe wirft er ungelesen in den Müll.
Fotos: Christiane Eisler/ Transit