Unternehmen
Da ist er. Er hat seine Firma verschenkt, »Einhorn«, zwischen 15 und 20 Millionen Euro wert. Waldemar Zeiler, Bart, Mütze, Ende 30, Gründer. Sein Blick ist müde, er entschuldigt sich dafür, morgen um fünf geht’s wieder los. Er arbeitet weiter für Einhorn, ihr »Testlabor«, wie er es nennt. Niemand ist weisungsbefugt. Ihr Gehalt bestimmen die Mitarbeiter selbst, Urlaub machen sie, wie sie wollen, ach ja, Einhorn macht Gewinn und wächst.
43 Köpfe schauen Zeiler an, Architektinnen, Musikerinnen, Ärztinnen, viele selbst Gründerinnen. Zur Videorunde eingeladen hat »Women’s Hub«, eine Firma, die Frauen zusammenbringt. Sie reden über Ideen und Visionen für Job, Firma, Gesellschaft und geben sich Feedback. Vor der Pandemie fanden ihre Veranstaltungen in Hamburg, München und Rosenheim statt. »Wir glauben an Gemeinschaft«, sagt Maren Jopen, Mit-Gründerin von Women’s Hub. »Wir wollen eine internationale Bewegung werden.« Klingt optimistisch, aber die drei Gründerinnen sind nüchterne Geschäftsfrauen, Jopens erste Gründung wurde ganzseitig in der Financial Times Deutschland gewürdigt, 2017 stieg sie aus der Firma aus, wollte was Neues wagen, eben wie Zeiler. Der ist Gründer in Serie, auch für Rocket Internet, die weltbekannte Start-up-Maschine. Seine Helden hießen Jack Welch und Milton Friedman, die kühlsten Köpfe des Kapitalismus, und nun sitzt er da, zieht die Mütze über die Augen und hat ein Gedankenspiel mitgebracht: den »Schleier des Nichtwissens« – von John Rawls. Dessen »Theorie der Gerechtigkeit« änderte das philosophische Denken des 20. Jahrhunderts und schwappt nun in die Wirtschaftswelt des 21. über. Zeiler hat es von Maja Göpel übernommen, Politökonomin und Beraterin der Bundesregierung.