»Machtmissbrauch ist in jeder Beziehung möglich«

Im Beruf ist die Gefahr besonders groß, aber auch in Partnerschaften kann es zu Abhängigkeitsverhältnissen kommen. Welche Warnsignale sollte man ernst nehmen? Und was können Betroffene tun? Ein Gespräch mit der Psychologie-Professorin Nadia Sosnowsky-Waschek.

Eine Hand auf der Schulter ist meist eine sichtbare Grenzüberschreitung, andere Warnsignale sind für Betroffene oft schwerer zu deuten.

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SZ-Magazin: Woran erkennt man Machtmissbrauch?
Nadia Sosnowsky-Waschek:
Es geht um Abhängigkeiten in Beziehungen jeder Art: Die eine Person ist oder hat etwas, was  die andere nicht ist oder nicht hat. Zum Beispiel einen höheren sozialen Status, mehr Entscheidungsspielräume, mehr Erfahrung oder ein besseres soziales Netzwerk, vielleicht ist sie älter oder hat einen höheren Bildungsabschluss. Daraus entstehen Ungleichheit und die Frage: Wird diese Ungleichheit bewusst als Werkzeug der Macht eingesetzt? Das Gleiche gilt in privaten Beziehungen, wenn der eine Partner vielleicht mehr verdient und der anderen Person dadurch vermittelt: »Du machst, was ich sage – das ist der Preis dafür, dass ich unser Leben finanziere.« Jedes Abhängigkeitsverhältnis kann ausgenutzt werden. Das hat auch das berühmt kontroverse Stanford-Prison-Experiment 1971 eindrucksvoll demonstriert.