Die Straße, in der sie in Rom lebt, ist nach ihrer Großmutter benannt, der Tochter des italienischen Königs Viktor Emanuel III. In der Via Mafalda di Savoia erinnert eine mit Blumen geschmückte Gedenktafel an die Aristokratin, deren letzter Anblick im Leben ein SS-Arzt im Konzentrationslager war, der sie betäubte, um ihren linken Arm zu amputierten. Die Inschrift auf der Tafel lautet: »Zur Erinnerung an Mafalda von Savoyen, Prinzessin von Hessen, gestorben als Märtyrerin in Buchenwald 1944«.
Mafalda von Hessen, 51, lebt seit zwölf Jahren im Haus ihrer Großeltern, das zu den spektakulärsten Immobilien Roms zählt. Zur Villa Polissena gehören zwei Hektar Land mit Parks und einem Wald mit Wildschweinen - und das drei Kilometer von der Spanischen Treppe entfernt. Illustrierten-Leser kennen die Hausherrin als Muse von Giorgio Armani und derzeitige Freundin von Rolf Sachs. Wenn die bestangezogenen Frauen des europäischen Hochadels gekürt werden, belegt »Maffi«, wie sie von Freunden genannt wird, stets einen der vorderen Plätze.
Im Gartenhaus ihrer Villa entwirft die Prinzessin seit vergangenem Jahr eine eigene Modelinie, die so heißt wie sie. Fragt man die vierfache Mutter, ob die Welt ein neues Modelabel braucht, antwortet sie mit einer Gegenfrage. »Braucht die Welt einen neuen Roman, wo es doch schon Millionen gibt? Oder das hunderttausendste neue Parfum? Eigentlich nicht. Aber wenn etwas wirklich gut gemacht ist, gibt es dafür immer einen Markt. Meine innere Stimme sagt mir, dass jetzt der richtige Moment ist. Wir werden zwar mit Mode überschwemmt, aber es kribbelt mich, für Frauen wie mich etwas Neues zu schaffen: individuell und zeitlos im Stil, mit Understatement und dennoch besonders, vielseitig einsetzbar zwischen Familie, Job und Reisen.«
Das Preisniveau ihres Labels entspricht Luxusmarken wie Celine oder Jil Sander. Kann man Geschmack und Stil mit viel Geld kaufen? »Nein«, sagt Mafalda von Hessen, »auch der Satz Kleider machen Leute ist falsch. Mode kauft man. Stil ist, was man damit macht. Stil drückt aus, wer man ist, nicht, was man hat. Mensch und Kleidung müssen zusammenpassen, sonst sieht man auf peinliche Weise kostümiert aus. Stil heißt, sich zu entscheiden, wer man sein will. Deshalb ist Stil eine Haltung. Das gilt für Kleidung wie fürs Leben.«
SZ-Magazin-Mitarbeiter Sven Michaelsen besuchte Mafalda von Hessen in Rom und bekam einen seltenen Einblick in die Welt des Hochadels. Dabei fragte er Mafalda von Hessen auch, wann sich ihr Leben prinzessinnenhaft anfühlt? »Zum Beispiel wenn man bei der Königin von England eingeladen ist. Tante Lissy ist eine Cousine meines Vaters. Die beiden waren sehr gut befreundet. Sie hat meinen Vater jedes Jahr zur Royal Windsor Horse Show auf ein langes Wochenende nach Windsor Castle eingeladen, und er nahm immer eins von uns Kindern mit. Beim ersten Besuch war ich 14 oder 15. Ich war natürlich fürchterlich aufgeregt. Der Dresscode sah vor, dass man sich mehrmals am Tag umzieht, von sportlich-elegant bis lang. Können Sie sich vorstellen, wie viele schöne Klamotten ein Schleswig-Holsteiner Internatskind hat? Keine! Der Kleiderschrank meiner Mutter wurde geöffnet, und dann wurden ihre Tweedröcke so vergrößert, dass ich reinpasste.« Außerdem verriet die Aristokratin, was ihr intimster Moment mit der Königin war und wie man sich bei einer Audienz zu verhalten hat.
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Foto: Oliver Helbig