Kann ChatGPT in Liebesdingen helfen?

Immer mehr Menschen nutzen Chatbots bei Beziehungsproblemen. Kann das gutgehen? Wir haben drei Therapeuten gefragt, wo die KI hilfreiche Vorarbeit leistet und was man lieber persönlich klären sollte.

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Susanne Brümmerhoff ist Sexual- und Paartherapeutin sowie systemische Einzel- und Familientherapeutin in Berlin. Sie arbeitet mit Paaren zum Beispiel daran, wie es nach einer Affäre weitergeht. Sie sagt:

»Ich befürworte es grundsätzlich, wenn Paare sich bei Beziehungs- oder Sexualproblemen für eine erste Einordnung an eine KI wenden. Viele empfinden Scham, oder ihnen fehlen die Worte, um über Sex, zum Beispiel Lustlosigkeit oder Erektionsstörungen zu sprechen. Gerade dann erzählen mir Klientinnen und Klienten immer wieder, dass sie sich noch vor einer Expertin oder dem Partner zunächst ChatGPT anvertrauen. Weil mich interessiert, was sie dort zu lesen bekommen, gebe ich selbst immer wieder Fragen ein, etwa: Warum empfinde ich selten Lust? Es überrascht mich, wie gut die Antworten formuliert sind. Die KI spricht in einem ruhigen, freundlichen Ton, der Menschen abholt. Zuerst gibt sie einen Überblick: Es könnten körperliche, psychische oder partnerschaftliche Ursachen sein. Dann folgen konkrete Vorschläge – etwa ein Lust-Tagebuch. Häufig ermutigt KI aber zum Glück auch dazu, sich professionelle Hilfe zu holen. Das finde ich wichtig, denn ChatGPT ersetzt natürlich kein persönliches Gespräch. Es ist unerlässlich, über die eigenen Gefühle, Ängste und Wünsche mit Menschen zu sprechen. Eine Gefahr, die ich sehe: KI könnte dazu verleiten, sich hinter dem Austausch mit ihr zu verstecken, nicht über den eigenen Schatten zu springen und sich somit dem nächsten Entwicklungsschritt zu versperren. Außerdem lässt sich unser menschliches Miteinander nun einmal nicht in der Theorie lösen. Nur weil die KI dich animiert, offen mit deiner Partnerin zu sprechen, weißt du noch lange nicht, wie du zum Beispiel kommunizierst, dass dir der gemeinsame Sex schon lange keinen Spaß mehr macht, du anders berührt werden möchtest oder den anderen zwar liebst, es im Bett aber langweilig geworden ist. Manchen fehlt das Vokabular, viele fürchten, den Partner oder die Partnerin zu verletzen. Eine KI kann diese Angst nicht nehmen, aber eine Paartherapie bietet dafür Raum: Wenn ich als Therapeutin nach Solo-Sex oder geheimen Wünschen frage, lernen Menschen, über Sex und Fantasien zu sprechen und auch mal etwas Unangenehmes loszuwerden. Die KI-Antworten sind immer sehr allgemein gehalten. Nicht jede Übung funktioniert bei jedem Paar. In der Therapie schauen wir gemeinsam genauer hin. Diese individuellen Rückbezüge auf die eigene Biografie oder das individuelle Beziehungsmuster können nur persönliche Gespräche leisten. Und dass man auch mal zusammen lacht oder getröstet wird, wird der KI auch nicht gelingen.«