»Die Liebe ist eine Naturgewalt, der wir uns nicht entgegenstellen können«

Bei der Partnerwahl und in Beziehungen spielen Hormone eine große Rolle – nur wie? Im Gespräch verrät die Neurowissenschaftlerin Franca Parianen, was Liebe mit Sucht zu tun hat, warum Testosteron überschätzt wird – und »hormongesteuert« eigentlich total romantisch ist.

Bei diesen beiden sind sicherlich auch Hormone im Spiel – was die Liebe nicht weniger echt macht.

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SZ-Magazin: Ich habe mal versucht, die Liebe in Phasen einzuteilen. Die erste ist die, in der wir uns zu einem anderen Menschen hingezogen fühlen. Wie viel hat das denn mit Hormonen zu tun?
Franca Parianen: Sehr viel! Und das Spannende ist, dass es zum Teil andere Hormone sind als diejenigen, die Langzeitliebe steuern. Am Anfang gibt es viel Potenzial für Glück und Opioide. Allerdings schwanken alle Hormone auch sehr stark. Es ist ja eine sehr obsessive Phase, in der wir ständig über den anderen nachdenken, seine Nähe suchen, darüber nachdenken, was wir dann sagen, darüber nachdenken, was er gesagt hat, und so weiter. Und das bis tief in die Nacht hinein. Das schwankende Serotonin zum Beispiel kennen wir auch von Zwangsstörungen. In dieser Phase spielen auch Stresshormone wie Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin eine große Rolle. Voriges Jahr ist eine Studie rausgekommen, in der ein paar tausend Jugendliche gefragt wurden, wer von ihnen gerade verliebt ist, und etwa elf Prozent sagten, sie seien frisch verliebt. Diese elf Prozent hatten nicht nur den wenigsten Schlaf, sondern auch das höchste Level an Anspannung und zum Teil Depressionen, weil Verliebtheit auch eine Phase ist, in der uns jede Zurückweisung hart trifft. Das heißt, wir haben diese wunderbaren Glücksgefühle, wenn wir die andere Person treffen, und sie sagt irgendetwas Tolles – aber wir sind auch ständig sensibilisiert für Fragen wie: Hat sie vielleicht das, was ich gerade gesagt habe, blöd gefunden, wie hat sie da geguckt? Selbst das Immunsystem kann von diesem Auf und Ab mitgenommen werden.