SZ-Magazin: Frau Frevert, Sie sind Historikerin und beschäftigen sich mit Gefühlen. Was sind für Sie Gefühle?
Ute Frevert: Gefühle sind Kommunikationsträger, die uns mit anderen in Beziehung setzen, direkt oder indirekt, ausgesprochen oder unausgesprochen. Sie bewegen uns nicht nur im Inneren unseres Herzens, und sie sind nicht allein uns selbst zugänglich. Sie sind etwas Soziales, und das lernen wir, von Kindheit an.
Was genau lernen wir da?
Wir lernen, welche Gefühle zu welchen Situationen passen. Wir lernen, welche Gefühle wir möglichst vermeiden und in welcher Dosierung wir andere haben und zeigen sollten. Wir lernen, was geschieht, wenn wir die falschen Gefühle zur falschen Zeit empfinden und vermitteln. Wir lernen, welche Gefühle und Praktiken sich für die Herstellung und den Abbruch von Beziehungen eignen. Wir lernen aus Beobachtung und Erfahrung, aber wir lernen auch durch Medien. Über nichts wurde und wird medial so viel kommuniziert wie über Liebe.