Grün ist die Farbe der Saison

Langsam entdecken ein paar Firmen, dass man Mode auch umweltschonend produzieren kann. Jetzt muss das bitte nur noch selbstverständlich werden. Ein Plädoyer.

Goldkette mit lilafarbenem Achatanhänger, von Marjana von Berlepsch
Fünfundachtzig Prozent der Menschen wären bereit, für ökologisch und ethisch korrekt hergestellte Mode mehr Geld zu bezahlen – das sagen sie zumindest, wenn sie gefragt werden.

Tatsächlich kaufen die meisten bei den großen Billigmodeketten. Doch mit den Discountern verhält es sich wie mit der Abwrackprämie: Sie produzieren viel Schrott. Wir shoppen, ohne nachzudenken, und die Niedrigstpreise geben uns das Gefühl, Kleidung sei nichts wert: Wenn ein T-Shirt für 2,90 Euro morgen nicht mehr gefällt, wirft man es weg. Und kaum jemanden kümmert es, dass bei solchen Preisen selten fairer Lohn bezahlt und auf eine umweltfreundliche Herstellung geachtet wird. Dabei verdienen die Billigmodeketten durch den massenhaften Umsatz so viel Geld, dass sie sich beides leisten könnten. Doch oft sind nicht einmal die großen Modehäuser, die Topmarken, den Billigketten und Kunden einen Schritt voraus. Dabei sind sie die Meinungsmacher der Branche, sie setzen die Trends, die andere kopieren. Ignoranz ist weder glamourös noch modern, und wer in Luxushäusern einkauft, sollte für sein Geld nicht nur die beste Qualität bekommen, die schönsten Stoffe und das aufregendste Design, sondern auch ein sauberes Produkt.

Das zahlt sich sogar wirtschaftlich aus: Dass etwa das französische Luxusunternehmen Hermès die Krise kaum spürt, ist kein Zufall; dort schätzt man das Handwerk und den Menschen schon immer. Neben den traditionellen Ateliers in Paris, unterstützt das Unternehmen mit Projekten Kunsthandwerker auf der ganzen Welt, zum Beispiel die Tuareg in Afrika.

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Nun endlich tut sich auch bei anderen was: Kleine und größere Labels wie H & M, Marc O’Polo oder G-Star haben Linien aus fair gehandelter Biobaumwolle in ihr Sortiment aufgenommen. Die britische Modemacherin Stella McCartney verzichtet schon immer auf Pelz und Leder, ihre Mitarbeiter fahren jetzt Zug, statt zu fliegen. Das Modehaus Louis Vuitton hat einen eigenen Umweltbeauftragten; er sorgte zum Beispiel dafür, dass sechzig Prozent der Lederwaren des Konzerns mit dem Schiff transportiert werden, und verringerte so den CO2-Ausstoß.

Ein Modehaus der Zukunft, egal ob im Luxus- oder Massenmarkt, muss sich auseinandersetzen mit knapper werdenden Rohstoffen und Energieverbrauch, mit wachsenden Müllbergen und Arbeitsbedingungen, die eines Menschen würdig sind, und er muss den Kunden darüber informieren – in jedem T-Shirt oder Kleid gibt es einen perfekten Ort dafür: das Etikett.

Kleidung herzustellen, ohne das Wasser zu vergiften, ohne Menschen auszubeuten und Tiere zu quälen, gilt immer noch als gute Tat, die selten ist und gelobt werden muss. Aber es geht hier nicht um einen Trend: Dasselbe Bewusstsein, mit dem wir uns heute für Hybridautos und Biolebensmittel entscheiden, muss auch für Kleidung selbstverständlich sein.

Christine Zerwes empfiehlt den Film HOME des französischen Fotografen und Umweltschützers Yann Arthus-Bertrand, der komplett aus der Luft gedreht wurde.
Er zeigt wunderschöne und zugleich oft erschreckende Bilder vom Zustand unserer Erde: youtube.com/homeproject. Bekannt wurde Bertrand durch den Bildband Die Erde von oben.

Markus Gaab (Fotos)