Von Ruhestand kann hier keine Rede sein: In der Casa Verdi, dem Altersheim für Musiker, das der große Komponist einst gründete, ist das Leben immer noch jeden Tag eine Bühne.
Chitose Matsumoto, 78, Sopran Die wohl eleganteste Erscheinung der Casa Verdi: In Japan geboren und aufgewachsen, ging Matsumoto mit 17 nach Paris, um am Konservatorium klassische Musik zu studieren. Mit 25 sang sie zum ersten Mal an der Mailänder Scala, danach bereiste sie die ganze Welt, unter anderem für Engagements bei den Bregenzer und Bayreuther Festspielen. Ihr Deutsch ist deshalb: »vorzuglich«, wie sie lächelnd sagt. Ihr letzter großer Auftritt war im Mai vergangenen Jahres bei den Ludwigsburger Festspielen. Dort sang sie ihre Lieblingsarie: Casta Diva aus der Oper Norma von Vincenzo Bellini. Kleid: Riani; grüner Seidenmantel: Miu Miu; Plateausandalen: Prada; silberner Ring: Hermès.
Claudiano Zani, 87, Entertainer Wenn der in Rio de Janeiro geborene Zani über die Flure der Villa Verdi spaziert, nutzt er jede Begegnung zum großen Auftritt: Er kann gar nicht anders als sein Publikum zu unterhalten - egal, ob es sich um Mitbewohner oder wildfremde Besucher handelt. Schon mit 16 tourte er mit dem Teatro Experimental do Negro durch Brasilien, bis er ein Stipendium bekam, um in Paris Theater, Gesang und Tanz zu studieren. Anschließend arbeitete er unter anderen mit den Kessler-Zwillingen. In einer Pariser Bar wünschte sich Ingrid Bergman einmal ein Lied von ihm. Nachher sagte sie bei einem Glas Champagner, dass er ihr Lieblingssänger sei. »Einer meiner größten Momente - ich war doch so ein glühender Fan von ihr.« Blazer, Hemd, Schiebermütze: alles Dolce & Gabbana.
Kette und alle Kleider: privat.
Agostina Aliprandi, 92, Violinistin Hier im Konzertsaal mit den knallroten Sesseln wird jeden Sonntag um Punkt 11 Uhr musiziert, und Aliprandi ist immer mit dabei. Nach dem Abschluss am Mailänder Konservatorium tourte sie bereits mit einem Streichorchester für Barockmusik durch ganz Italien. Während eines Konzerts 1943 in Messina heulte der Bombenalarm auf, doch die Musiker mussten weiterspielen, solange Zuschauer im Saal waren. Aliprandi spielte bis zur letzten Note »in Todesangst - aber fehlerfrei«. Einen Monat später wurde Messina komplett zerstört. Kleid: Jil Sander; Blazer: Louis Vuitton; Rollkragenpullover: Erdem über mytheresa.com; Kette: Lanvin über mytheresa.com; Armreif: Miu Miu; Uhr: Hermès.
Rosetta Rametta, 91 Musik war immer Teil ihres Lebens, obwohl sie nie selbst musizierte. Jahrzehntelang hat Rametta ihren inzwischen verstorbenen Ehemann, einen Violinisten und Pianisten, zu seinen Konzerten begleitet. In der Casa Verdi habe sie noch heute das Gefühl, ständig auf Tournee zu sein, sagt sie: In diesem Haus werde immer irgendwo Musik gespielt. Deshalb komme auch nie jemand auf die Idee, im Bademantel über die Flure zu wandeln, jeden Moment könne schließlich das nächste Konzert beginnen. »Still ist es eigentlich nur, wenn jemand gestorben ist.« Seidenbluse und -hose: Giorgio Armani; Tweedjacke: Chanel; Ohrringe: Marni über mytheresa.com; Emaille-Armreif: Fendi; orange-farbenes Armband: Hermès; Sonnenbrille: A.P.C.
Catherine Feller, 82, Schauspielerin Die exzentrische Britin ist die Ehefrau von Claudio Giombi. Sie brach mit 15 die Schule ab, um Schauspielerin zu werden. Sie bekam ein Engagement bei der West End Theater Company London, später spielte sie vor allem in TV-Serien oder Filmen wie Mit Pistolen fängt man keine Männer. Sie und Giombi lernten sich 1985 auf einem Gesangskongress in der Toskana kennen. Als dieser Berg von einem Mann plötzlich anfing, auf einer Wiese Yoga zu machen, verliebte sie sich auf der Stelle in ihn. In der Casa Verdi leben sie gemeinsam in einem Apartment, wobei jeder sein eigenes Zimmer bewohnt - ihres ist komplett in Pink gehalten und über und über mit Bildern von Berühmtheiten behängt. Top: Etro; Cape: Roberto Cavalli über stylebop.com; Kette: Prada; Ohrring: privat.
Claudio Giombi, 75, Bariton Dreißig Jahre lang sang er an der Mailänder Scala, unter anderem mit dem großen Tenor Luciano Pavarotti. Eine seiner Paraderollen: der amerikanische Konsul Sharpless in Madame Butterfly. Irgendwann veränderte sich seine Stimme, der volle Klang verlor sich - unerträglich für einen wie Claudio Giombi. Also setzte er sich 2010 mit seiner Frau Catherine in der Casa Verdi zur Ruhe. Doch im vergangenen Mai bekam er das Angebot, bei den Ludwigsburger Festspielen zu singen. Bis zu seinem Auftritt übte er kein einziges Mal. Die Stimmgewalt: wie zu seinen besten Zeiten. Anzug und Seidentuch: Brioni.
Um Ihre personenbezogenen Daten zu schützen, haben wir das automatische Laden der Inhalte von Vimeo blockiert. Wenn Sie Inhalte dieses Anbieters künftig auf SZ-Magazin.de anzeigen möchten, stimmen Sie bitte den unten genannten Bedingungen zu. (Sie können an dieser Stelle jederzeit Ihre Zustimmung widerrufen.)
Ich bin einverstanden, dass ich diesen Inhalt angezeigt bekomme und dadurch meine personenbezogenen Daten an den Betreiber des Portals, von dem der Inhalt stammt, weitergegeben werden, so dass dieser mein Verhalten analysieren kann. Weitere Informationen finden Sie im Bereich Datenschutz.