»Man wusste nie, wie weit er gehen würde«

Vor zehn Jahren starb Christoph Schlingensief. Mit seinen Filmen, Theateraufführungen und Kunst-Aktionen schrieb er deutsche Zeitgeschichte. Was hat ihn angetrieben? Menschen, die ihm nahestanden, erzählen große und kleine Geschichten von einem Mann, der sich nie raushielt – und bis heute fehlt.

Foto: David Baltzer / Zenit / laif

Thomas Meinecke – Schriftsteller und Musiker: Ich wohnte Ende der Siebzigerjahre mit meiner Freundin im Münchner Westend, das damals noch ein Glasscherbenviertel war. Unten im Haus war eine Apotheke. 1979 zog ein 19-jähriger Apothekerssohn aus Oberhausen namens Christoph Schlingensief ins Dachgeschoss. Chris­toph wollte auf die Filmhochschule, was nicht klappte. Er ist dann so ein bisschen durchgehangen. Jeden Abend war er bei uns, wir hörten bis in die Puppen hinein Platten. Bald gehörte er zu unserer Clique. Wir hatten eine Zeitschrift gegründet, Mode & Verzweiflung, für die er dann schrieb.