Die Höhlenhotels

Eine Landschaft wie ein Emmentaler: Seit Jahrtausenden bohren sich die Menschen in Kappadokien, einem Gebiet in der Türkei, durch den Erdboden – um unterirdisch zu leben, zu feiern, zu lieben, zu sterben.

Ort Hotels, die in Höhlen liegen, gibt es einige auf der Welt. Aber nirgends sind es so viele Zimmer wie in Göreme und Uchisar. Kein Hotel ohne Höhlenzimmer – selbst Bars und Cafés sind dort in Höhlen untergebracht. Das »Cappadocia Cave Resort« in Uchisar besitzt sogar ein Höhlen-Spa. Höhlenzimmer sind begehrt und schnell ausgebucht, besonders die Honeymoonsuite, in der bis vor fünf Jahren noch Esel untergebracht waren.

Umgebung Kappadokien, ziemlich genau in der Mitte der Türkei. Gefahr Es rieselt von der Decke. Etwa alle zwei Stunden, hinten rechts über dem Schrank im Zimmer 352 des »Cappadocia Cave Resorts«. Einige Gäste bekommen in der Nacht klaustrophobische Anwandlungen, die Höhle wird ihnen zu dunkel, zu ruhig. Ich höre es rieseln, ich sehe es rieseln. Ich überlege: Soll ich auch umziehen? In Ürgüp, etwa zehn Kilometer weiter, ist schließlich vor wenigen Monaten eine Disco eingestürzt. Der Pächter hatte gegen den Rat von Statikern eine Innenmauer entfernt, acht Tage später verlor ein Kellner beim Einsturz sein Leben. Im Zelve Open Air Museum, auch ganz nah, ist ein ganzes Tal voller Höhlenwohnungen zu besichtigen. In den Vierzigerjahren mussten die letzten Bewohner ihre Höhlen räumen. Vor eineinhalb Jahren stürzte auf einer Seite des Tales eine komplette Felswand ein. Die Fremdenführer machen den Klimawandel für die Häufung von Einstürzen verantwortlich: Im Winter schmilzt der Schnee schneller, dringt in den Tuffstein ein, friert wieder, dehnt sich dabei aus und macht den Fels allmählich porös. Im Winter ist die Einsturzgefahr also viel höher, versuche ich mich zu beruhigen, als ich immer noch nicht einschlafen kann. Schon wieder das Rieseln, hören Sie’s?

Touristen Göreme ist das Backpackerparadies der Türkei, im Nachbarort Uchisar gibt es gute Mittelklasse- oder Luxushotels.

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Beste Zeit Spätsommer.

Geschichte Seit 2000 Jahren graben sich die Menschen in Kappadokien in den weichen Tuffstein. Für Wohnungen und Kirchen, für Kuhställe, Weinkeller oder Vorratskammern mit natürlicher Aircondition: Kühle 15 Grad sind es im heißen Sommer Zentralanatoliens, zehn Grad im Winter. Das tut auch Obst und Gemüse gut: In Höhlen gelagerte Zitronen legen noch einmal um bis zu zehn Prozent an Gewicht und Größe zu. Viele Leute weigern sich, ihre alte Höhle für einen ganz normalen Neubau aufzugeben. Tuffstein ist ideal für den Höhlenbau, denn er härtet erst nach wenigen Stunden im Kontakt mit Sauerstoff aus. Heute schafft ein Mann mit modernem Bohrer in vier Stunden das, wofür früher drei Mann zwei Wochen brauchten. Wie ein Emmentaler sieht die Landschaft in Kappadokien heute aus. Ganze unterirdische Städte legte man in Zeiten an, als Römer und Araber das Land durchzogen.

36 hat man bisher entdeckt, meist zufällig, beim Umgraben im Garten oder Aufräumen im Keller, weit mehr als fünfzig vermutet man insgesamt. Die größte: Derinkuyu mit einer Kirche und Ställen, mit eigenen Lüftungsschächten und Wasserleitungen, einer Schule auf elf Stockwerken, die 85 Meter tief reichen. Die erste Nervenheilanstalt der Türkei soll in der unterirdischen Stadt gegründet worden sein; psychisch Kranke wurden an Säulen festgebunden - wahrscheinlich auch jeder, der ein Rieseln von der Decke zu hören glaubte. 6000 Menschen konnten hier bis zu einem halben Jahr lang ausharren, wenn wieder irgendjemand Zentralanatolien eroberte. Fünfzig Meter lange Gänge, nicht höher als eineinhalb Meter, verbinden die verschiedenen Stockwerke, acht hat man bisher freigelegt, die restlichen drei nicht, sie sind einsturzgefährdet. Wer den Rundgang durch die acht Stockwerke in Derinkuyu schafft, weiß definitiv, dass er nicht an Klaustrophobie leidet.

Übernachten 3 Nächte im »Cappadocia Cave Resort« inklusive Flug, Transfers und privatem Führer ab 1220 Euro über www.artoftravel.de

Essen »Restaurant Sömine«, Ürgüp, Tel. 0384/341-84 42. Meze und Kebab.

Anreise Mit Turkish Airlines über Istanbul nach Kaisery.

Bloß nicht sich vornehmen, keinen Teppich zu kaufen.

Unbedingt eine Wanderung durch das besonders schöne Taubental von Uchisar aus unternehmen.

Foto: Getty