SZ-Magazin: Im vergangenen Jahr wurde Ihnen der Pritzker-Preis verliehen, die weltweit bedeutendste Auszeichnung für Architekten. In Ihrer Dankesrede sagten Sie, Sie seien einer Eingebung gefolgt, als Sie Ihr Studium der Malerei nach zwei Jahren abbrachen und sich für Architektur entschieden. Haben Sie solche Eingebungen öfter?
Balkrishna Doshi: In jedem von uns gibt es eine innere Uhr und eine innere Stimme. Ich arbeite seit sechzig Jahren daran, meine Wahrnehmung für diese Signale zu schärfen, denn sie sind das Wertvollste, was ein Mensch hat. Mein Vater besaß eine Möbelwerkstatt, die er von seinem Vater übernommen hatte. Jeder erwartete, ich träte in seine Fußstapfen. Weil sich das falsch anfühlte, wandte ich mich dem Malen zu, aber das entsprach mir auch nicht. Als ich 1947 von meiner Geburtsstadt Pune zum Architekturstudium nach Bombay zog, wusste ich so gut wie nichts über Architektur, aber etwas sagte mir, ich könnte in ihr meine Bestimmung finden. Ich wohnte in einem Boarding House in einem Zimmer, in dem fünf Betten standen. Jede Nacht schliefen andere Menschen neben mir. Es war wie in einem Zug, wo dauernd Leute ein- und aussteigen. Außer mir gab es nur noch einen weiteren Dauergast. Mit ihm freundete ich mich an. Als er nach drei Jahren einen Job in London bekam, fragte er, ob ich mitkommen wollte, ich könnte mein Studium doch genauso gut in England fortsetzen.
»Besitz hat keine Bedeutung«
Balkrishna Doshi gilt als der bedeutendste Architekt
Indiens. Der 91-Jährige über seine Lehrjahre bei Le Corbusier, die Irrelevanz von To-do-Listen und die Gewissheit, dass seine Mutter ihn in seiner Hosentasche begleitet.
Indiens. Der 91-Jährige über seine Lehrjahre bei Le Corbusier, die Irrelevanz von To-do-Listen und die Gewissheit, dass seine Mutter ihn in seiner Hosentasche begleitet.