Junge Menschen suchen heute auf Ibiza vor allem eins: den richtigen DJ in der richtigen Disco zum richtigen Zeitpunkt. Älteren Menschen geht es eher um das Gegenteil: um Ruhe, Natur, Erholung. Für sie haben viele Ibizenker ihre alten Bauernhöfe und Fincas zu luxuriösen Landhotels umgebaut, fernab haushoher Bierwerbungen und verstörender Verkehrskreisel in Ibiza-Stadt. Die meisten dieser Agriturismo-Betriebe liegen romantisch in Klatschmohnfeldern und Olivenhainen eingebettet. Dort versteht man, was die Hippies einmal auf Ibiza suchten: Klötzchenhäuser in Cremeschnittchenweiß, murmelndes Meer, Mandel- und Orangenbäume. Ihre Post bekamen sie zu »Anitas Bar« in San Carlos geschickt, in der man heute noch die vielen Postfächer aus Holz bestaunen kann und hin und wieder auch mal jemanden, der, zahnlos und lederhäutig, seine Briefe noch immer dort abholt. Bei Anita, die leider schon gestorben ist, gab es auch das einzige Telefon der Gegend, auch das kann man ansehen, es funktioniert sogar noch. Ein anderer Hippietreffpunkt liegt einen Kilometer von »Anitas Bar« entfernt: Auf der Terrasse und in den Innenhöfen der Bar »Las Dalias« findet bis heute jeden Samstag ein Hippiemarkt statt, der nicht so kommerziell ist wie der in der Ferienanlage Punta Arabia bei Es Cana, vor der Reisebusse Touristenhorden ausspucken, die neonfarbene Batikkappen mit Cannabisblatt-Drucken kaufen oder Taschen mit dem Gesicht von Bob Marley. Zumindest werden auf dem Markt von Las Dalias noch solche Dinge angeboten, die es auch auf dem Schwabinger Weihnachtsmarkt gibt. Sonntags trommeln noch immer langhaarige, raubärtige Typen so lange am Strand von Beniras in Richtung Sonne, bis sie endlich aufgibt und erschöpft hinterm Horizont verschwindet. Und immer noch leben Menschen wie Mora und Djin auf der Insel, die eigentlich Sigrun und Günther heißen und aus dem Schwarzwald und der Eifel stammen. Mora, fast siebzig, strickt Oberteile aus bunten Garnen, Djin betreibt Bildhauerei und legt als DJ auf, und wenn RTL einen Bericht über Ibiza dreht, übernehmen die beiden den Part der Hippieberühmtheiten auf der Insel.
Ibiza ist ein Ort für Freigeister und Freizügige geblieben, ein Er-lebnispark für Amüsierwillige, ein Spielplatz für Große mitten im Meer, nur die Klampfenklänge sind der elektronischen Clubmusik gewichen. Wenn auch die Menschen, die heute nach Ibiza reisen, nicht mehr, wie früher die Hippies, vor der Spießigkeit der Gesellschaft flüchten, vor bürgerlichen Tabus, vor Vietnam, Franco oder den Nazi-eltern – dann zumindest doch vor der Enge ihres eingefahrenen Lebens in Nürnberg oder Manchester. Auf Ibiza findet jeder den richtigen Ort, Körper oder Geist zu befreien. Wenn nicht für immer, dann doch für zwei Wochen.
Übernachten: Agriturismo Canlluc, schon Liz Hurley hat sich hier eingemietet. St. Ines, km 2, San Rafael, Tel. 0034/971/198673, www.canlluc.com, DZ ab 225 Euro.
Essen: Ganz in der Nähe des Hotels: Restaurant El Ayoun, arabische und spanische Küche, Calle Isidor Macabich 6, San Rafael, Tel. 971/198335, www.elayoun.com. Ein hipper Hangout in Ibiza-Stadt: Locarich, LA-Style Burritos, Kuchen, Salate, Calle de Pasadeis 15. Ein gutes Fischlokal: La Raspa, Marina Botafoch, Tel. 971/311810.
Unbedingt Drinks am Pool des kleinen Art-déco-Hotels »Es Vive« nehmen. Calle Carlos Roman Ferrer No 8, Tel. 971/301902, tägl. 23.00– 8.00 Uhr. Baden in der Pool-Landschaft »Cascadas Suspendidas«, gebaut in die Steilklippen des Hotels Hacienda. Gegen eine Gebühr von zirka 35 Euro dürfen ihn auch hotelfremde Gäste benutzen. Tel. 971/334500, www.hotelhacienda-ibiza.com. Zehn perfekte Trips - hier geht es zur Übersicht.