Warum ist Amerika noch nicht pleite? Amerika gibt mehr Geld aus, als es einnimmt, im vergangenen Jahr betrug dieses Leistungsbilanzdefizit rund 600 Milliarden Dollar. Jeder Mensch wäre bei so einem Verhalten längst pleite – es sei denn, er macht Schulden, so wie Amerika. Seine Bürger kann Amerika allerdings nicht anpumpen, da der Amerikaner an sich sein Geld lieber ausgibt, als es zu sparen. Deshalb leihen sich die USA Geld im Ausland, vor allem von den Zentralbanken Asiens und Europas. Als Dankeschön importieren die Amerikaner fleißig Güter von ihren Gläubigern. Laut Professor Joachim Scheide vom Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel ist die amerikanische Staatsverschuldung entgegen dem weit verbreiteten Vorurteil nicht Besorgnis erregend. »Da die ausländischen Investoren zu Recht an das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft glauben, werden sie den USA weiterhin Geld leihen«, sagt er. Deshalb wird Amerika auch in Zukunft nicht Pleite gehen. Warum sendet das Radio immer noch Börsennachrichten? Die Verbreitung von Geräuschen via Radiowellen ist ein wunderbar mystischer Vorgang. Das allergrößte Geheimnis dabei jedoch ist die Ausstrahlung von Wirtschafts- und Börsennachrichten, die inzwischen das Nervensägentum von Fernsehwerbung für Klingeltöne überflügelt hat. B5 aktuell, das Nachrichtenprogramm des Bayerischen Rundfunks, bringt gefühlte 25-mal pro Stunde Nachrichten wie diese hier: »Der DAX ist freundlich in den Handel gestartet und hat 0,1 Prozent zugelegt.« 0,1 Prozent! Um Himmels willen! Abends heißt es dann, die Börse sei zunächst freundlich gestartet, habe sich dann aber über den Tag auf dem Stand von gestern eingependelt. Das ist zwar überhaupt keine Nachricht, weil ja gar nichts passiert ist. Dennoch denkt man: Shocking! Die Börse hat sich eingependelt! Zum Glück ist sie nicht abgebrannt oder überfallen worden. Das wären mal Neuigkeiten, aber die würden ja nicht in den Börsennews vermeldet, sondern in den normalen Nachrichten. Daraus folgert: Alles Langweilige über die Börse kommt in den Börsennachrichten. Alles Aufregende läuft woanders. Wozu braucht man diese Börsennachrichten dann überhaupt noch? Der Aktienboom ist doch vorbei. Die Zeiten, in denen Fliesenleger, Chirurgen und Gymnasiasten stundenlang auf den Kursstreifen bei n-tv geglotzt haben, das waren doch die Neunziger. Wir sind aber jetzt in den nuller Jahren und die heißen so, weil null Kohle da ist, sich Aktien zu kaufen. Susanne Zimmer, die Programmchefin von B5 aktuell, sieht das naturgemäß anders. Sie besteht darauf, dass die Börsennachrichten zum »Infopaket einfach dazugehören«. Und fügt nicht ohne Gelassenheit hinzu: »Für alle, die das nicht interessiert, geht es ja schnell vorbei.« Es ist bei einer derart hartleibigen Einstellung nicht damit zu rechnen, dass Frau Zimmer mit dem Börsenterror aufhört. Dann eben jetzt Plan B. B wie Bürgerbegehren. Hier in München, wo unser Heft erscheint, haben wir einen Profi dafür: Georg Kronawitter, der war früher mal Oberbürgermeister und hat sich als Initiator für Bürgerbegehren sehr bewährt. Schreiten Sie ein, Herr Kronawitter! Sammeln Sie Unterschriften für die Abschaffung der Börsennachrichten! Machen Sie eine Montagsdemo vor dem Funkhaus! Es wird kalt, wir bringen warme Decken und Plätzchen mit. Müssen wir jetzt alle Chinesisch lernen? Das könnte sich durchaus empfehlen. Chinesisch wird bereits von 1,3 Milliarden Menschen gesprochen und ist eine der sechs Amtssprachen der UNO. Die Weltbank prognostiziert, dass China im Jahr 2020 die stärkste Wirtschaftsmacht auf dem Globus ist. Schon heute ist China der größte Handelspartner Deutschlands in Asien, mit einem Volumen von 43,2 Milliarden Euro im Jahr 2003. Das sind dreimal so viel wie vor zehn Jahren. Die deutsche Außenhandelskammer in Shanghai hat sich 100 Milliarden als Ziel für 2010 gesteckt. Und da jeder dritte Arbeitsplatz in Deutschland an Wirtschaftskontakten ins Ausland hängt, spricht einiges für Chinesisch als Fremdsprache. Allerdings sagt Klaus Grimm: »Alles halb so wild. Ich wohne seit 16 Jahren in China und mein Chinesisch reicht gerade mal, um mir im Restaurant mein Essen zu bestellen. Der ganze Hype um China ist zwar gut fürs Geschäft, aber wer Englisch kann, kommt hier gut zurecht.« Grimm muss es wissen. Er ist Leiter der deutschen Außenhandelskammer in Shanghai. Warum ist es uns egal, dass wir unsere Gehaltsabrechnung nicht verstehen? Über Geld redet man nicht, man gibt es freudig aus. Am besten, ohne groß nachzu- denken. Wer spricht schon gern über Grundentgelt, die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge oder Überstundenentlohnungen? Ein Pfennigfuchser! Einer, der sagt: »Wir zahlen getrennt.« »Formularangst« nennt dies Hans-Joachim Vanscheidt vom Bund der Steuerzahler. Wir würden uns sorgen, die Abkürzungen, Bezeichnungen und Extraposten nicht zu verstehen – und sie deshalb ignorieren. Die werden uns schon nicht übers Ohr hauen, nehmen wir der Einfachheit halber an und vertrauen auf die Lohnbuchhaltung. »Das liegt am psychologischen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer«, meint Thomas Kieselbach, Professor am Bremer Institut für Psychologie der Arbeit. Unausgesprochen nehmen Chef und Angestellter voneinander an, loyal zu sein und sich vertrauen zu können. Ohne diese Basis funktioniert gemeinsame Arbeit auch nicht, sagt Kieselbach. »Wer jede Handlung überprüft, wird arbeitsunfähig.«
Warum zahlen große Unternehmen so wenig Steuern? Alles begann mit einer Schlagzeile. Kurz nach der rot-grünen Steuerreform im Jahr 2000 veröffentlichte die Bild-Zeitung das Foto einer adretten Raumpflegerin und dazu die Nachricht, selbst Putzfrauen zahlten inzwischen mehr Steuern als große Unternehmen. Konzerne wie Siemens, Daimler-Chrysler, Bayer und Vodafone gerieten daraufhin in Bedrängnis. Experten, die den Gewerkschaften nahe stehen, gehen davon aus, dass das Minus für den Staat durch die Steuerreform bei den Gewinnsteuern, also vor allem bei Körperschaft-, Gewerbe- und Einkommensteuer, für die Jahre 2001 bis 2003 knapp 80 Milliarden Euro beträgt. »Alles in allem«, sagt Professor Paul Kirchhof vom Institut für Finanz- und Steuerrecht in Heidelberg, »gibt es einige Unternehmen, die viel Steuern zahlen, viele Unternehmen zahlen wenig und wenige zahlen nichts.« Das liegt erstens an der unterschiedlichen Mentalität der Unternehmenschefs und zweitens am Steuerrecht mit seiner Flut von Einzelvorschriften, Ausnahmen und Privilegien. Ein Beispiel: Macht ein Konzern 400 Millionen Euro Gewinn im Jahr, zahlt aber nur zehn Millionen an Steuern, führt dieses Unternehmen nur 2,5 Prozent an den Staat ab. Der Trick dabei ist, dass Unternehmen wie Bayer sich von ihren Firmenbeteiligungen im Ausland Dividenden ausschütten lassen, die zwar in der Bilanz zum Gewinn beitragen, jedoch im Ausland bereits günstig versteuert wurden. Der deutsche Fiskus erhält von diesen Gewinnen keinen Cent, ohne dass man dies den Firmen zum Vorwurf machen könnte. Die Lösung des Problems ist nicht neu, sagt Kirchhof: »Wir brauchen ein vereinfachtes Steuerrecht, das diese Schlupflöcher schließt.« Warum kostet eine sieben Kilometer lange Fahrt im Krankenwagen 510 Euro? Als sich Julia L. die Schulter gebrochen hatte, wählte sie 112. Im Krankenwagen brauchte sie kein Medikament, keine Spritze, sie musste nicht einmal liegen. Doch für den Transport von Aufkirchen ins sieben Kilometer entfernte Starnberger Krankenhaus berechnete das Rote Kreuz 510 Euro. Dieselbe Strecke hätte mit dem Taxi etwa 20 Euro gekostet. »Eine ganz normale Rechnung«, findet Stephan Topp, zuständig für den Rettungsdienst beim Deutschen Roten Kreuz. »Da in Deutschland jeder Anspruch darauf hat, dass innerhalb von höchstens 15 Minuten ein Rettungswagen zu ihm kommt, bezahlt man nicht den einzelnen Transport, sondern das System, das dahinter steht.« In Bayern werden die Kosten für den Rettungsdienst vom Roten Kreuz und den Krankenkassen jedes Jahr neu verhandelt. Jeder Einsatz kostet gleich viel, unabhängig von der Entfernung oder dem medizinischen Aufwand. Topp rechnet vor: »Ein Krankenwagen mit zwei Mann, der 24 Stunden einsatzbereit ist, bedeutet 8,4 Planstellen.« Allein das mache schon 60 Prozent der Kosten aus. 510 Euro sind nicht einmal die Ausnahme. Es gibt Gegenden in Deutschland, wo Einsätze noch teurer sind. Eine Höchstgrenze gibt es nicht. Worin besteht der Unterschied zwischen Bestechung und Provision? Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Haufen Geld, eine verschlagene Veranlagung und wollen an ein bestimmtes Ziel. Nun ist dieses, etwa die Akquise eines Auftrags, für Sie nur mühsam zu erreichen, für jemand anderen hingegen, nennen wir ihn Herrn Hinterhältig, aber ziemlich einfach. Bieten Sie Hinterhältig nun Ihr Geld. Am besten so viel, dass er nicht ablehnen kann, und bitten Sie ihn, seine Macht oder Stellung zu missbrauchen. Nun aufgepasst: Es droht ein unschöner Bestechungsskandal. Sie sollten also Vorsichtsmaßnahmen ergreifen: Setzen Sie einen Berater- oder Vermittlervertrag auf! Arrangieren Sie ein paar Treffen und tun Sie dabei so, als gäbe es wirklich etwas zu beraten. Am besten: Sie fingieren ein paar Memos über das, was Sie besprochen haben wollen – die können vor Gericht Wunder wirken. Zweitens müssen Sie Hinterhältigs Vergütung als Betriebsausgabe geltend machen und unbedingt sicherstellen, dass der Kerl die auch versteuert. Wenn Sie dies alles berücksichtigt haben, müssen Sie nur noch unerschütterlich behaupten, es handle sich bei der Zahlung um eine Provision. Denken Sie dran: Der Staatsanwalt wird versuchen, Ihnen Bestechung anzuhängen. Sagen Sie einfach nur: Provision, Provision, Provision! Der Staatsanwalt wird behaupten, dass Sie einen gesetzeswidrigen Vorteil aus dem Geschäft gezogen und geltende Gesetze gebrochen haben. Dies macht nämlich den Unterschied zwischen Provision und Bestechung aus: Bestechungsgeld fließt für eine ungesetzliche Vereinbarung, Provision für eine erlaubte. Zum Glück für Sie und Herrn Hinterhältig ist es für die Strafverfolgung oft schwierig, die gesetzeswidrigen Vorteile zu erkennen und nachzuweisen.
Wann sinken die Strompreise endlich? Wenn auf einem reglementierten Markt der Wettbewerb Einzug hält und die Preise weiter steigen, dann stimmt etwas nicht, möchte man meinen. Genau so ist es auf dem Strommarkt, in dem seit 1998 eine Regel gilt, die beim Telefonieren längst schon die Preise gedrückt hat: dass man sich seinen Anbieter selbst aussuchen darf. Beim Strom hilft dies dem Verbraucher aber nicht viel. Denn die großen vier der Branche – RWE, E.on, Vattenfall, EnBW – haben es verstanden, sich Konkurrenz durch hohe Gebühren für die Benutzung ihrer Leitungsnetze weit gehend vom Leibe zu halten. Das nennt man ein Oligopol und mit dem nimmt es von diesem Jahr an dieselbe Regulierungsbehörde auf, die sich schon auf dem Telekommunikationsmarkt mit einigen Mächtigen angelegt hat. Auf eine Prognose, wie stark die Preise künftig sinken könnten, mag sich Behördenpräsident Matthias Kurth aber nicht einlassen: »Lediglich ein Drittel des Endverbraucherpreises ist auf die Netzgebühren zurückzuführen, zwei Drittel entfallen auf Produktionskosten, Steuern und Abgaben – und die sind unserer Kontrolle gar nicht unterworfen.« Bislang liegen die Preise gut 20 Prozent über dem europaweiten Schnitt – Spielraum ist also da. Warum geht uns der Käse aus? Die ersten vier Jahre des 21. Jahrhunderts waren ökonomische Lehrjahre. Mit der New Economy haben die Deutschen gelernt, dass Aktienkurse auch fallen können, durch die Agenda 2010, dass die Globalisierung auch Zähne hat. Trotzdem – die folgende Meldung gibt Rätsel auf: Der Käse wird knapp. Die Vorräte sind auf dem niedrigsten Stand seit 1971, kostete die Tonne Mozzarella vor zwei Jahren noch 1420 Euro, liegt ihr Preis nun bei knapp 2240 Euro. Milchseen? Butterberge? Reichen nicht für 1,3 Milliarden hungrige Chinesen und schützen auch nicht vor steigenden Ölpreisen. Aber der Reihe nach. Für den theoretischen Unterbau: Preise steigen, weil ein Gut knapp wird. Ein Gut wird knapp, weil mehr Menschen es haben wollen. Für den Smalltalk: Viele Chinesen und Russen verfügen nun über das Geld, um sich Cheeseburger und Pizza mit extra Käse zu kaufen. Und wann immer der Ölpreis steigt, decken sich Saudis und Kuwaitis mit Milchprodukten ein. Wer jetzt aber auf steigende Preise beim Harzer Käse spekuliert, hat zwar aus der New Economy gelernt, liegt aber trotzdem falsch: Stinkenden Käse mögen weder Russen, Chinesen noch die Saudis. Warum ist Druckertinte eine der teuersten Flüssigkeiten der Welt? Es gibt Kriege, von denen wir kaum etwas mitbekommen: den Druckertintenkrieg, zum Beispiel. Wir bemerken ihn nur, wenn wir eine neue Patrone zu einem Preis kaufen, der so absurd hoch ist, dass Druckertinte zu den teuersten Flüssigkeiten der Welt gezählt werden kann: Ein Liter kostet bis zu 1700 Euro. Das klingt seltsam, angesichts der Zutaten: Füllertinte, destilliertes Wasser, Isopropanol, Glyzerin, das war’s. Trotzdem sind nur alte Weine oder Parfums teurer. Die Drucker dagegen sind billig. Manche Modelle kosten so viel wie zwei Farbpatronen. Das Prinzip ist einfach: Hersteller wie Hewlett-Packard, Canon oder Epson verkaufen ihre Geräte günstig, binden die Menschen an ihre Marke und erzielen den größten Teil ihrer Gewinne aus dem Verkauf der Patronen. So machte Hewlett-Packard im letzten Jahr 73 Prozent seines Gewinns in der Abteilung »Bild & Druck«, in der Tinte und Toner mehr als die Hälfte der Einnahmen bringen. Die Unternehmen rechtfertigen ihre Preise mit hohen Entwicklungskosten. Natürlich lassen sich das nicht alle Verbraucher gefallen, deswegen kursieren im Internet Rezepte für selbst gemischte Tinte, die mit Spritzen in die Kartuschen gefüllt wird. Und Hersteller wie Pelikan werfen günstige Nachfüllpatronen auf den Markt. Die Druckerindustrie kontert mit jahrelangen Rechtsstreits: So verklagte Canon Pelikan, weil die Firma eine Patrone für einen Canon-Drucker herausgebracht hatte. Andere Hersteller veränderten die Patronen so, dass man sie mit einer Spritze nicht mehr auffüllen kann, oder setzten, wie Epson, Chips ein, die Nachfüllen unmöglich machen. Außerdem drohen fast alle Hersteller mit dem Verlust der Garantie. Doch jetzt hat sich die EU-Kommission eingeschaltet: Sie prüft, ob es unerlaubte Preisabsprachen gibt, und will ab 2006 nur noch Geräte mit wiederbefüllbaren Patronen zulassen. Dann könnten Druckerpatronen um die Hälfte billiger werden. Und der Tintenkrieg wäre zu Ende.