»Selbstbehauptung ist auch Übungssache«

Viele Menschen sagen nicht, wenn sie etwas stört, weil sie dicke Luft fürchten. Dabei muss Selbstbehauptung nicht konfrontativ sein. Im Interview erklärt die Kommunikationstrainerin Barbara Berckhan, welche Körperhaltung hilft, wenn man einen Konflikt ansprechen will, warum es normal ist, Bedürfnisse mehrfach äußern zu müssen, und wie man den inneren Kritiker leiser bekommt.

Die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu kommunizieren, kann schwierig sein – muss es aber nicht.

Foto: Getty Images/10'000 Hours

SZ-Magazin: Sie haben ein Buch mit dem Titel Sanfte Selbstbehauptung geschrieben. Warum »sanft«?
Barbara Berckhan: Sanft bedeutet, eine Form von Selbstbehauptung zu kultivieren, die alltagstauglich ist. Eine, die ohne ausgefahrene Ellbogen und zerschlagenes Porzellan auskommt. Oft verbinden wir mit Selbstbehauptung ja genau das: Ich gegen dich. Mit sanfter Selbstbehauptung soll der Konflikt, um den es geht, nicht zu einem latenten Kampfmodus oder Streitmodus führen, er soll keine Verlierer produzieren. Alle Beteiligten sollen erhobenen Hauptes aus der Situation herausgehen.

Warum fällt es vielen Menschen oft so schwer, für sich selbst einzustehen?
Aus einem Harmoniebedürfnis heraus kommunizieren viele Menschen ihre Wünsche und Bedürfnisse nicht. Sie fürchten, dass das für dicke Luft sorgt und die Harmonie in der Beziehung stört. Doch das Zurückstecken und Nicht-Formulieren der eigenen Bedürfnisse löst den Konflikt ja nicht. Es verlagert ihn nur nach innen, denn unzufrieden mit der Situation ist man ja noch immer. Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Kollegen, der jeden Tag an Ihrem gemeinsamen Arbeitsplatz ein stinkendes Käsebrot isst, was Sie wahnsinnig stört. Wenn Sie aber nicht kommunizieren, dass Sie das stört, wird der Kollege nicht damit aufhören. Er weiß nicht einmal etwas von dem Konflikt, denn er findet nur in Ihnen statt. Und während er das Käsebrot isst, fressen Sie Ihren Ärger in sich hinein.