SZ-Magazin: Herr Kéré, Sie wurden in Burkina Faso in Westafrika geboren und leben seit 1985 in Berlin, wo Sie auch Architektur studiert haben. Was waren Ihre ersten Eindrücke von der damals noch getrennten Stadt?
Francis Kéré: Die Kälte. Ich kannte damals ja nur mein Ouagadougou (Hauptstadt von Burkina Faso, Anm. d. Red.). Als ich in Deutschland landete, war es plötzlich kalt – nicht nur klimatisch, sondern auch zwischenmenschlich. Die Leute hatten keine Zeit. Hektik! Hektik! Hektik! Ich wollte die Leute stoppen, aber ich war natürlich schüchtern und verstand kein Deutsch. Irgendwann lernte ich, dass West-Berlin eine Insel war, und ging mir die Mauer angucken. Burkina Faso tendierte damals zum Sozialismus oder zum Humanismus, keine Ahnung, wie ich es nennen soll. Aber ich wollte eher im Westen sein als in der DDR. Beim Fall der Mauer war ich schockiert darüber, dass ich im Osten das Gefühl hatte, nicht sehr willkommen zu sein. Man hat gemerkt, dass die Menschen dort selbst Orientierung suchten.
»Architektur ist Politik«
Der Architekt Francis Kéré über Rassismus in seiner Branche, das Erbe Christoph Schlingensiefs und die Frage, warum die Schule, die er für sein Heimatdorf in Burkina Faso entworfen hat, inzwischen weltberühmt ist.