Früher kamen vor Weihnachten die Müllmänner, um sich ein Präsent abzuholen, aber seit sie in München kein Geld mehr nehmen dürfen, sind ihre Besuche selten geworden. Was ich enttäuschend finde! Ich hatte immer gedacht, die Müllmänner wollten mir aus seelischer Zugeneigtheit heraus ein frohes Fest wünschen. Aber so war es nicht. Sie wollten mein Geld. Es ist bitter, das in diesen Tagen erkennen zu müssen. Mir ist kalt.
Andererseits verstehe ich die Leute. Was dürfen sie noch annehmen? Wenigstens ein Säckchen ausgesuchter Wertstoffe? Nein: Brotzeiten, Plätzchen. Eine Verhöhnung! Wenn sie meine Straße abgeklappert hätten, wären sie im Besitz von etwa 250 Brotzeiten, also bitte Wer noch kommt, ist der Zeitungsträger. Was mich auf den Gedanken bringt, auch ein Kolumnist könnte im Advent Leser besuchen, mit einem Murmeln auf den Lippen, hinter sich ein Holzwägelchen mit Kühlschrank drauf, in dem er die Brotzeiten verstauen würde, die man ihm überreicht. Und den Schnaps. Eventuell auch Zehnerscheine.
Vor ein paar Tagen ist mir erneut eine Liste jener Dinge in die Hand gefallen, die britische Unterhausabgeordnete auf Kosten der Steuerzahler anschafften; das war Mitte des Jahres ein großer Skandal, erinnern Sie sich? Jeder englische Parlamentarier war berechtigt, die Kosten für einen zur Ausübung des Amtes notwendigen Zweitwohnsitz von den Behörden erstattet zu bekommen, nur dass viele eine Kammer in London zum Hauptwohnsitz erklärten, ihr Landhaus zum Zweitwohnsitz. Legendär der Abgeordnete Viggers, der sich das Entenhaus auf einem Teich seines Gartens vom Staat bezahlen ließ, bemerkenswert Douglas Hogg, dem der Staat die Reinigung seines Burggrabens finanzierte.
Die neue Liste, die nun veröffentlicht wurde, ist eine erstklassige Vorschlagssammlung für Weihnachtsgeschenke aller Art. Ich denke an den Staubsaugerroboter Roomba 560, den der Labour-Abgeordnete David Clelland dringend benötigte: 224,99 Pfund! Sofort habe ich Roomba im Internet angeschaut, man kann seine Leistungsfähigkeit in animierten Filmchen bestaunen. Wie er allein ein Wohnzimmer saugt, immer um die Möbel rum, die gereinigten Flächen sind im Film blau markiert, was aussieht, als habe der Roboter am Ende das Wohnzimmer blau gestrichen, sehr schön, wenn man Blau mag.
Übrigens könnte man sich vorstellen, dass auch Abgeordnete in der Vorweihnachtszeit mal an der Tür klingelten (statt immer nur vor Wahlen). Dann wäre es praktisch zu wissen, worüber sich ein Politiker freut. Der Abgeordnete Derek Conway machte 59 Pfund für Installationsarbeiten geltend, darunter das Fetten des Hebels seiner Toilettenspülung. Eine schöne Geschenkidee, stünde der Ex-Abgeordnete Stoiber vor der Tür, eine milde Gabe für die Landesbank erbittend, das solle doch nicht alles der Steuerzahler tragen müssen, was an Kosten angefallen sei! »Aber ich bin der Steuerzahler!«, würde ich rufen und ihm die Fettung seines Toilettenhebels anbieten.
Die Müllmänner erinnern mich an einige Einsendungen im Wortstoffhof, aus denen ich das diesjährige Weihnachtsmenü zusammenstellen möchte. Vorspeise: »Vitello Tornado«, das die Frau von Leser H. im Taunus entdeckte. Bitte Teller gut festhalten! Zwischengericht: »Tagliolini mit den Früchten vom Meer weg geglitten und quetschen julienne.« Dies brachte Leserin A. (Bielefeld) aus Rimini mit. Hauptspeise: »Doppelte Zentrum-Kürzungsschweinsrippchen 15$ Zentrum schneidet zur Vollkommenheit gegrillte Schweinsrippchen.« Alternativ als Fischgericht: »Frisches Filet des Lachss versengt zur Vollkommenheit.« O, ich vergaß, wer mir das einst schickte, aber es war ein Restaurant in den USA. Für Vegetarier: »Allein auf dem Grill mit Kartoffeln und Salat«, von Leser O. im Comidas Latitud Caseras auf Mallorca gefunden. Nachspeise: Eisschokolade »mit Drehknopf der Eiscreme«, mit herzlichem Dank an das Ehepaar B. und dieses Mitbringsel aus Krakau. Getränk: »Wasser glühend antik«, gefunden von Ehepaar G. in Porto. Frohes Fest! Leser im Großraum München sollten darauf vorbereitet sein, dass
Axel Hacke dieser Tage an ihrer Türe schellt und um eine Weihnachtsgabe bittet. Er freut sich am meisten über Lebkuchen, Brezen (nicht älter als drei Tage), ausgelesene Krimis und Säcke voller Golddukaten.
Dirk Schmidt (Illustration)